Der für das Krankenhaus Wien Nord verantwortliche Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbundes, Herwig Wetzlinger, ist am Dienstag als erster Zeuge in jener Untersuchungskommission vernommen worden, die sich mit dem Großbau an der Brünner Straße in Floridsdorf beschäftigt. Befragt wurde er zur Betriebsorganisation des Hauses. Zur Entstehungsgeschichte konnte er erwartungsgemäß wenig beitragen.

Denn Wetzlinger ist erst seit dem Vorjahr Teil des KAV-Führungsteams. Gebaut wird am KH Nord jedoch schon seit Jahren - wobei immer wieder Verzögerungen zu beklagen waren. Die Vorgeschichte kenne er aber nur aus "dokumentierten Fakten", sagte er bei seinem Auftritt vor dem Gremium, in dem sämtliche Wiener Rathausfraktionen vertreten sind. Wetzlinger bezog sich dabei vor allem auf den kritischen Rechnungshofbericht, der das Megaprojekt unter die Lupe genommen hat.

Eröffnung im Sommer 2019

Der KAV-Manager zeigte sich heute überzeugt, dass am Eröffnungstermin nicht mehr gerüttelt wird. Das Krankenhaus Nord soll im Sommer 2019 in Betrieb gehen, wobei er den Ablauf folgendermaßen skizzierte: Schon im Juni sollen erste Patienten behandelt werden, die Aufnahme des Vollbetriebs ist für September geplant.

Zuvor werde noch ein "kritischer Pfad" beschritten, wie Wetzlinger sagte. Dabei handle es sich um die behördliche Betriebsbewilligung: "Die soll im Jänner (2019, Anm.) abgeschlossen werden."

Regressverfahren laufen

KAV-Chef Wetzlinger erläuterte auch das Forderungsmanagement in der Causa, wobei er Einblick in aktuelle Regressverfahren gab. Denn die Mehrkosten beim Spitalsbau könnten laut Rechnungshof bis zu 388 Millionen Euro betragen. Zuletzt war kolportiert worden, dass der KAV hofft, rund 200 Millionen wieder zurückzubekommen. Diesen Betrag bestätigte Wetzlinger jedoch nicht.

Ihm seien keine Unterlagen bekannt, die darauf schließen ließen, dass man sich diese Summe zurückholen könne, gab er zu Protokoll. Prinzipiell setze man in strittigen Fällen auf ein Clearingverfahren, erst dann werde der teure Weg eines Zivilprozesses beschritten: "Es ist nicht unser Ziel, die Gerichtsbarkeit vorrangig anzusprechen."

Wetzlinger berichtete konkret von zwei Verfahren. In einem Fall habe die Projektsteuerung gewechselt, worauf der einstige Leiter auf Verdienstentgang klagte. Der KAV wiederum machte Schadenersatz geltend. Auch mit einem Statiker wird um 7 Mio. Euro wegen angeblich "mangelnder Leistung" gestritten.

Zudem soll ein Gutachter, der den Bau eines Brunnens zur Nutzung von vorhandenem Heißwasser als möglich erachtete, belangt werden. Die Angaben sollen sich nämlich als fehlerhaft herausgestellt haben. Hier gebe es seines Wissens nach Gespräche mit der betreffenden Versicherung, berichtete Wetzlinger. Dass man die Nutzung neuer Energiequellen zumindest geprüft habe, sei jedoch ein Gebot der Stunde gewesen, verteidigte er das Vorgehen.

Kein Verständnis hatte der Bauherr allerdings, wie er heute beteuerte, für die Beauftragung eines Energetikers. Wobei kein Fall von mangelnder Kontrolle vorliege, da vorschriftsmäßig zwei Personen den Auftrag abgezeichnet hätten. "Dass das nicht wirtschaftlich und zweckmäßig war, ist eine andere Sache." Es seien jedenfalls gleich nach Bekanntwerden Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Und Wetzlinger stellte klar: "Ich hätte damals die Auszahlung verweigert."

Auch wenn Regressverfahren zum Nachteil des KAV enden sollten, dürfte das die Gesamtprojektkosten nicht erhöhen. Denn: Der errechnete Mehraufwand ist nämlich schon in der Kostenschätzung von 1,341 Mrd. Euro enthalten ist, wie Wetzlinger erläuterte.

KH Nord überhaupt zu teuer?

Diskutiert wurde heute auch, ob das Krankenhaus nicht überhaupt zu teuer geraten ist. Gegenüberstellungen mit anderen Häusern etwa in Deutschland, wo die Errichtungskosten pro Spitalsbett zum Teil niedriger seien, wies Wetzlinger zurück: "Die Kosten pro Bett sind kein zulässiger Vergleich." Denn im KH Nord gebe es auch eine große Fläche im ambulanten Bereich. Sinnvoll sei hingegen ein Vergleich bei den Kosten für die Netto-Grundrissfläche. Der KAV-Chef verwies in Sachen Kosten aber auch auf den "hohen Technikstand" und den hohen Digitalisierungsgrad, der keinem Standardkrankenhaus entspreche.

Auch Details zu geplanten Abteilungen wurden erörtert. Warum etwa keine Neurologie errichtet worden sei, entziehe sich seiner Detailkenntnis, versicherte der Zeuge. Allerdings bestehe in der betreffenden Versorgungsregion (laut bundesweitem Gesundheits-Strukturplan, Anm.) eine "flächendeckende neurologische Versorgung", da das SMZ Ost in der Donaustadt über eine solche Abteilung verfüge.

Untersuchungskommission

Die gemeinderätliche U-Kommission widmet sich zahlreichen Fragen rund um das KH Nord, wobei eine mögliche politische Verantwortung für Fehlentwicklungen geprüft wird. Laut Einsetzungsantrag werden etwa die Vorgänge rund um die Grundstücksfindung, die Bauherrenfunktion des Krankenanstaltenverbunds, die Vergabe von Leistungen, die Ausführung, die Betriebsorganisation oder auch die Kosten bzw. die Finanzierung durchleuchtet. Auch, welche Auswirkungen ein Baustopp gehabt hätte, ist Thema.

Die Kommission ist für ein Jahr eingesetzt - wobei der Start bereits mit dem Beschluss im Frühjahr erfolgte. Die erste Sitzung fand jedoch erst am 20. Juni statt. Das nächste Treffen ist für den 31. Juli angesetzt