Ein ungewöhnlicher Missbrauchsprozess hat am Mittwoch am Wiener Landesgericht stattgefunden. Ein 30-jähriger Mann soll eine Lokalbekanntschaft mit nach Hause genommen, sie mit einem Spezial-Tee zum Einschlafen gebracht und in diesem Zustand vergewaltigt haben. Der Angeklagte stellte das in Abrede, musste aber zugeben, Fetisch-Vorstellungen zu haben, die sich auf Sex mit Schlafenden beziehen.

Schon mit drei Jahren sei er am Bett seiner Eltern gestanden und hätte diese im Schlaf beobachtet, "weil das eine beruhigende Wirkung auf mich hatte", berichtete der 30-Jährige in salbungsvollem Tonfall. Im Verlauf seines Lebens dürfte sich seine Vorliebe für schlafende Frauen verstärkt und mit sexuellen Wünschen aufgeladen haben, wie Internet-Suchverläufe auf seinen von der Polizei beschlagnahmten Computern belegen.

Eine Frau, die der gelernte Landschaftsgärtner im Dezember 2016 in einem Lokal kennengelernt hatte, hatte ihn im Vorjahr angezeigt. Nachdem sie ihn nach Hause begleitet und er ihr dort einen Tee kredenzt hatte, schlief sie bis um 17.00 Uhr des folgenden Tages in der fremden Wohnung durch. Beim Aufwachen stellte sie fest, dass der 30-Jährige offenkundig mit ihr verkehrt hatte.

Frau habe ihn "markiert"

Das sei einvernehmlich und auf ihr Betreiben hin passiert, behauptete der Angeklagte. Schon in der Bar habe ihn die Frau "markiert", erklärte er dem Schöffensenat (Vorsitz: Olivia-Nina Frigo): "Sie hat meinen Rücken zerkratzt, um den anderen zu zeigen, ich gehöre ihr." Als man gemeinsam mit der U-Bahn heimwärts fuhr, sei die Frau am Praterstern "zusammengebrochen wegen ihrer Familie und psychischen Problemen". Eineinhalb Stunden hätte er sich bemüht, ihre Adresse herauszufinden, sie sei aber nicht in der Lage gewesen, diese zu benennen. Da habe er sie mit zu sich genommen: "Und dann habe ich den größten Fehler gemacht, den ich machen habe können."

Nachdem er ihr einen Krug Wasser hingestellt hätte - Tee habe es damals keinen gegeben -, sei sie ihm näher gekommen: "Wie wir einschlafen wollten, hat sie angefangen mit mir zu spielen." Er habe sich darauf eingelassen. Zwei weitere Male hätte er danach noch mit der Frau Sex gehabt, ein Mal, nachdem man sich eine Neuverfilmung von "Alice im Wunderland" angeschaut habe. Laut Anklage soll vor dem dritten Mal im Februar 2017 wiederum der bewusstseinsverändernde Tee zum Einsatz gekommen sein.

Darauf angesprochen, erzählte der Angeklagte, er hätte von der Frau nach dem letzten gemeinsamen morgendlichen Aufwachen einen Schlag in die Magengrube bekommen. Sie hätte ihm unterstellt, sich im Schlaf an ihr vergangen zu haben, "aber das war nicht möglich. Ich hatte zwei Hosen an". Auf die verwunderten Blicke des Gerichts ergänzte der 30-Jährige, er habe sich vor dem Zubettgehen extra eine zweite Hose angezogen, "weil ich bei Pyjama-Partys manchmal meine Hose abstrample".

Sein Versuch, zu der Frau eine Freundschaft aufzubauen, sei gescheitert, bilanzierte der Mann. Er habe schließlich Angst vor ihr bekommen: "Sie hat mich gestalkt. Sie hat Gerüchte über mich verbreitet. Telefonterror. Sie hat eine Schwangerschaft vorgetäuscht."

"Ich wollte sozial sein"

Vor der Aussage der Betroffenen wurde die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen. Im Zuge der polizeilichen Erhebungen war herausgekommen, dass es zwei weitere Frauen gibt, die von dem Landschaftsgärtner Tee bekommen hatten und danach weggedämmert waren. Es gibt Hinweise, dass er auch in diesen Fällen übergriffig wurde. "Ich kann nur sagen, dass ich jeder dieser Damen helfen wollte. Ich wollte sozial sein", bezog der Angeklagte dazu Stellung.

Das gegen ihn gerichtete Strafverfahren hätte dazu geführt, dass ihn schlafende Frauen selbst im Internet jetzt nicht mehr interessieren, versicherte der 30-Jährige: "Jede sexuelle Neigung macht mir Angst. Ich versuche mich abzuschirmen." Die Verhandlung wurde zur Einvernahme weiterer Zeuginnen vertagt.