Die Neuauflage eines Prozesses gegen einen 48-Jährigen am Landesgericht Feldkirch hat am Freitag mit einem anderen Schuldspruch geendet als im Oktober 2017. Der Angeklagte wurde nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags verurteilt. Das Ausmaß der Haftstrafe halbierte sich gegenüber der ersten Verhandlung von 18 auf neun Jahre. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der 48-Jährige war von allem Anfang an geständig, im Jänner 2017 in einer kleinen Vorarlberger Gemeinde seine 40-jährige Ehefrau erstochen zu haben. Er beharrte aber stets darauf, die Tat im Affekt verübt zu haben. Zwischen den Eheleuten, die vier gemeinsame Kinder im Alter von zehn bis 23 Jahren haben, hatte es seit Jahren immer wieder Auseinandersetzungen gegeben. Im Jänner 2017 eskalierte die Situation. Nach einem neuerlichen Streit und angeblichen Verspottungen durch seine Frau holte der Angeklagte ein 27 Zentimeter langes Messer aus der Küche und stach im Schlafzimmer auf seine Frau ein. Das Opfer starb noch an Ort und Stelle.

Minderwertigkeitsgefühl

Laut Gerichtspsychiater Reinhard Haller hat der 48-Jährige aufgrund seines Stotterns ein tiefes Minderwertigkeitsgefühl entwickelt. Die Vielzahl an Kränkungen habe letztlich zum Ausrasten des 48-Jährigen geführt. Er sei "grundsätzlich kein gefährlicher Mensch", sagte Haller. Die Zeugenaussagen waren widersprüchlich. Während der Bruder der Getöteten den 48-Jährigen als knausrigen und äußerst eifersüchtigen Menschen charakterisierte, zeichnete seine Schwester das Bild eines hilfsbereiten, netten und gastfreundlichen Familienvaters. Eifersüchtig sei ihr Bruder nicht, sagte die Frau.

Zur Ehe des Angeklagten erklärte der Zeuge, dass er erst etwa einen Monat vor dem gewaltsamen Tod seiner 40-jährigen Schwester von Scheidungsplänen gehört habe. "Ich glaube, dass mein Schwager fürchtete, dass sich seine Frau im Zuge des Scheidungsverfahrens das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen unter den Nagel reißen wollte", war er der Ansicht. Deshalb hegte er die Vermutung, dass der 48-Jährige seine Gattin vorsätzlich getötet haben könnte. Die Schwester des Angeklagten sprach von guten und schlechten Zeiten, wie es sie in jeder Ehe gebe. Nur einmal habe sie ein Telefonat mitbekommen, in dem die 40-jährige mit Liebesentzug gedroht habe, wenn ihr Bruder nicht eine Wohnung in Istanbul kaufe.

Für die Geschworenen galt es zu entscheiden, ob der Mann die Tat im Affekt beging oder nicht. Dabei folgten sie der Argumentation von Verteidiger Franz Josef Giesinger, der von einem "Totschlag, wie er im Lehrbuch steht" sprach. Staatsanwalt Heinz Rusch pochte hingegen darauf, dass der Angeklagte seine Frau ermordet habe. Er wies darauf hin, dass schon bei der erstmaligen Verhandlung der Causa verneint worden sei, dass der Tat des Mannes eine "allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung" zugrunde gelegen sei - was die Voraussetzung für das Delikt "Totschlag" bildet.

Dreistündige Beratung

Nach knapp dreistündiger Beratung entschieden sich die Laienrichter mit 6:2 Stimmen gegen die Mordversion. Als Strafmaß legte das Gericht eine neunjährige Haftstrafe fest. Als Milderungsgründe galten die Unbescholtenheit des Angeklagten und sein Geständnis. Erschwerend wirkten sich andererseits aus, dass der 48-Jährige für die Tat eine Waffe (das Messer) verwendete, seine brutale Vorgangsweise und dass es sich bei dem Opfer um seine Ehefrau handelte. Der Strafrahmen für Totschlag - fünf bis zehn Jahre Haft (Mord: zehn Jahre bis lebenslänglich) - wurde auch aus generalpräventiven Gründen beinahe zur Gänze ausgeschöpft. Es solle deutlich gemacht werden, dass Ehekonflikte anders zu lösen sind, hieß es. Den vier Kindern wurden je 20.000 Euro Trauerschmerzensgeld zugesprochen.

Zur Neuauflage des Prozesses - der für den 48-Jährigen mit einem Schuldspruch wegen Mordes und einer Haftstrafe von 18 Jahren geendet hatte - war es gekommen, weil im vergangenen Oktober die Richterin den Geschworenen für ihre Urteilsfindung Protokolle zur Verfügung stellte, die nicht Gegenstand des Verfahrens waren. Deshalb gab der Oberste Gerichtshof der Nichtigkeitsbeschwerde von Verteidiger Giesinger statt. Für die Neuauflage des Prozesses wurde das Schwurgericht neu zusammengesetzt.