Der Angeklagte hat sich beim Prozessauftakt in der Vorwoche mit einem Schießunfall verantwortet. Am zweiten Verhandlungstag kamen ausführlich die zwei Sachverständigen zu Wort.

Der 20-Jährige, der - vermutlich schlafend - in Bauchlage auf einer Pritsche im Ruheraum eines Wachcontainers lag, starb an einem "relativen Nahschuss". Das stellte der Gerichtsmediziner Daniele Risser fest. Das Sturmgewehr StG 77 wurde dem jungen Mann aber nicht direkt angesetzt. Das Projektil drang dem 20-Jährigen sechs Millimeter schräg über dem Ohr in den Kopf und durchschlug den Schädel. Bei der Obduktion hätte sich auch eine "Aufreißung im Hinterhauptbereich, ein typischer Ausschuss" gezeigt, sagte Risser. Der 20-Jährige hatte nicht die geringste Überlebenschance. "Der Schädel war regelrecht aufgeplatzt. Ein klassischer glatter Durchschuss, der zum sofortigen Tod führt", berichtete der Gerichtsmediziner.

Gestolpert und gestürzt

Der Angeklagte behauptet, er habe seinen Kameraden zum gemeinsamen Rauchen einer Zigarette wecken wollen, sei beim Betreten des Ruheraums gestolpert und gestürzt, wobei sich unabsichtlich der Schuss gelöst hätte. Das habe nur deshalb passieren können, weil ihm zuvor die Waffe aus der Hand gefallen sei, wobei automatisch eine Patrone aus dem Magazin in den Lauf gelangt sei. Dieser Version trat der Schießsachverständige Manuel Fließ entgegen. Es gebe "keinen Hinweis, dass sich der Schuss ohne besonderes Zutun gelöst haben kann".

Der Ballistiker hatte zur Erstellung seiner Expertise mit der Tatwaffe und der vom Bundesheer verwendeten Munition zahlreiche Fallversuche durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass sich das StG 77 ab einer Fallhöhe von 1,25 Metern tatsächlich beim Aufprall auf dem Boden selbst nachlädt. Sechs Mal ließ der Sachverständige die Waffe aus 1,25 Metern fallen, ein Mal fand dabei eine Patrone ihren Weg in den Lauf. Bei Fallhöhen jenseits von 1,5 Metern war dann sogar jedes Mal eine Patrone im Lauf, sofern das StG 77 in senkrechter Position und nicht in Schräglage dem Gesetz der Schwerkraft gehorchte.

Waffe selber geladen

Allerdings zeigten sich in diesen Fällen nach dem anschließenden Betätigen des Abzugs bei sämtlichen Patronenhülsen charakteristische Längsriefen, die bei regulär geladener Munition nicht zu sehen war. Auch auf der am Tatort sichergestellten Patronenhülse fehlten diese Längsriefen, "woraus sich schlussfolgern lässt, dass die Patrone nicht durch Fallen der Waffe in den Lauf gelangt sein kann", wie Fließ betonte. Demnach müsste - aus welchen Gründen auch immer - der Angeklagte im Vorfeld selbst die Waffe geladen und dann mit dieser den Ruheraum betreten haben. Überdies war das StG 77 entsichert. Der Angeklagte hatte am ersten Verhandlungstag zugegeben, er hätte beim Wacheschieben aus Langeweile öfters mit der Sicherung "gespielt" und diese "hin- und hergeschoben, damit die Zeit vergeht".

Aus welcher Entfernung der tödliche Schuss abgegeben wurde, war für den Schießsachverständigen nicht mehr genau feststellbar. Es sei davon auszugehen, dass sich der Schütze in einem Bereich von bis zu 1,5 Metern vom Opfer entfernt befand. Die genaue Position des Schützen ließ sich ebenfalls nicht mehr rekonstruieren.

Beweisverfahren abgeschlossen

Sämtliche Beweisanträge von Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger (Kanzlei Rifaat) - er wollte unter anderem das Amt für Wehrtechnik beiziehen, um nachzuweisen, dass das StG 77 sich auch bei einer Fallhöhe von 80 Zentimetern selbst nachlädt und dabei auf den Patronen keine Längsriefen hinterlassen werden - wurden abgewiesen. Knapp vor 14.00 Uhr schloss Richterin Eva Brandstetter das Beweisverfahren.

Vater und Mutter des getöteten Rekruten schlossen sich mit einem Trauerschmerzengeld von jeweils 20.000 Euro als Privatbeteiligte dem Verfahren an. Die drei Schwestern des um Leben Gekommenen machten jeweils 9.000 Euro geltend. Hinsichtlich der Eltern erkannte der Angeklagte jeweils 7.500 Euro an.

Um 14.45 Uhr sollten die Schlussvorträge von Staatsanwalt und Verteidiger beginnen. Anschließend würden sich die Geschworenen zur Beratung über die Schuldfrage zurückziehen. Mit dem Urteil war realistischerweise nicht vor 17.00 Uhr zu rechnen.