Im Prozess gegen eine 61-jährige Deutsche wegen der Auffindung der Leiche ihres 73-jährigen Lebensgefährten in Mattsee (Flachgau) im Juni 2017 hat der Schöffensenat am Landesgericht Salzburg am Freitag ein Unzuständigkeitsurteil gefällt. "Es liegt der Verdacht in Richtung Mordes vor", sagte der vorsitzende Richter Christoph Rother. Die Anklage lautete auf Körperverletzung mit tödlichem Ausgang.

Die ehemalige Krankenschwester hatte zu Verhandlungsbeginn in der Vorwoche ihre Unschuld beteuert. Sie habe dem Pensionisten fünf bis sechs Schlaftabletten gegeben, weil ihr die Sexspiele mit ihm zu viel geworden seien. Er habe die Tabletten des Medikaments "Halcion" ohne Nachfragen geschluckt, erklärte die Angeklagte. An dem Tod des Mannes am darauffolgenden Tag trage sie aber keine Schuld. Danach versteckte sie die Leiche drei Wochen lang in einer Plastiktonne in der Garage des Verstorbenen. Der Tote wurde am 27. Juni in dem Container entdeckt.

Wegen des starken Verwesung der Leiche konnte die Todesursache nicht mehr festgestellt werden. Laut Staatsanwaltschaft hat die Mischung aus Alkohol, Potenzmittel und Schlaftabletten zum Tod des Mannes geführt. Ein ergänzendes Gutachten der Gerichtsmedizin entkräftete allerdings den Mordverdacht gegen die Frau. Sie wurde wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang angeklagt. Verteidiger Johann Eder betonte, es gebe keinen Beweis dafür, dass die Menge der Medikamente und der Alkohol zum Tod des Pensionisten geführt hätten.

Das Unzuständigkeitsurteil, über das der Oberste Gerichtshof entscheiden muss, ist nicht rechtskräftig. Staatsanwalt Tomas Schützenhofer gab keine Erklärung ab. Er rügte das Gericht, weil ein Ersatzschöffe bei der Entscheidungsfindung anwesend war, der vorher hätte entlassen werden müssen. Verteidiger Eder meldete Nichtigkeitsbeschwerde an. Falls die Beschuldigte wegen Mordverdachtes angeklagt wird, ist ein Geschworenengericht zuständig.

Richter Rother nannte einige Gründe, warum aus Sicht des Schöffensenates gegen die 61-Jährige ein Mordverdacht bestehe. Es sei naheliegend, dass die Beschuldigte ihrem Freund die Schlaftabletten in einem Getränk verabreicht habe. Dass der Pensionist freiwillig fünf oder sechs Tabletten zu sich nehme, noch dazu wenn er weiterhin Sex mit der Frau haben wollte und dazu ein Potenzmittel genommen hat, sei auch aus der Sicht eines Laien nicht nachvollziehbar. Außerdem habe der Salzburger zuvor keine Schlafmittel genommen.

Zudem sei bekannt, dass suizidgefährdete Personen große Mengen an Medikamenten nehmen und dass dies zum Tod führen könne, dazu brauche es kein Spezialwissen, argumentierte der Richter. Noch dazu habe die langjährige Krankenschwester über medizinische Vorkenntnisse verfügt. Der Schöffensenat gehe zumindest von einem bedingten Tötungsvorsatz aus. Auf Nachfragen des Gerichtsgutachters habe die 61-Jährige in der Verhandlung geantwortet, sie sei mit der Wirkung und Art des Präparates vertraut, sagte der Richter. "Wenn sie wollte, dass das Opfer nur schläft, warum verabreicht sie nicht nur eine Dosis?" Sie selbst habe sich die Schlaftabletten verschreiben lassen und erklärt, nur eine oder zwei geschluckt zu haben, dann sei sie eingeschlafen. Mehr Tabletten habe es nicht dazu gebraucht.

Auch gegen das Röcheln, dass die Frau bei dem Pensionisten nach Verabreichung der Medikamente wahrgenommen habe, habe sie nichts unternommen. "Sie hätte etwas unternehmen müssen, nachdem sie erkannt hat, dass ein erhebliches Risiko aufgetreten ist." Laut pharmakologischen Sachverständigen sei die Anzahl der Tabletten ausreichend gewesen, um toxisch zu wirken. Eine natürliche Todesursache habe die Obduktion jedenfalls nicht ergeben, gab der Richter noch zu bedenken.

Der Schöffensenat kalkulierte für den erhobenen Mordverdacht auch das Nachtatverhalten der Frau ein. Die Angeklagte soll 40 Kilogramm Beton im Internet und eine Plastiktonne bestellt und zudem nach einer Kühltruhe und Erd-Tanks gesucht haben. Sie habe auch Kontakt zu anderen Männern aufgenommen, sei nach Italien gefahren, um "Dolce Vita" zu genießen und habe versucht herauszufinden, wie viel sie durch den Verkauf des Hauses ihres Lebensgefährten lukrieren könne, sagte Rother.

Die Beschuldigte hatte in dem Prozess erklärt, sie habe damals nur den Wunsch gehabt, dass ihr Freund sie in Ruhe lassen und schlafen möge. "Ich habe mit keiner Silbe daran gedacht, dass ich ihm etwas antun oder ihn schädigen will." Sie wurde in Deutschland bereits 15 mal verurteilt. Dort sind noch weitere Verfahren anhängig.

Die Staatsanwalt Salzburg warf der Frau noch weitere Delikte wie schwerer Diebstahl, gewerbsmäßiger schwerer Betrug, Urkundenfälschung, Urkundenunterdrückung und Störung der Totenruhe vor. Die 61-Jährige soll das Auto des verstorbenen Pensionisten verkauft, seine Kreditkarte verwendet und zahlreiche Bestellbetrügereien begangen haben, auch zulasten von Ex-Freunden.