Der Prozess gegen einen 45-Jährigen, der versucht haben soll, seine Ex-Frau und die drei Kinder - zehn, 13 und 18 Jahre alt - zu töten, ging mit einem Schuldspruch zu Ende: Elf Jahre Haft für den Mordversuch an seiner Ehefrau, lautete das Urteil. Die Geschworenen waren nicht der Ansicht, dass der Angeklagte von seiner Tat freiwillig Abstand genommen hat, wie er selbst behauptet hatte. Das Gericht wertete als mildernd, dass es beim Versuch geblieben ist und dass der Mann vor der Polizei ein Geständnis abgelegt hat, auch wenn er in der Verhandlung wieder etwas anderes sagte. Erschwerend wurde das Motiv - Alimente-Schulden - gesehen.

Am Zuge des Prozessverlaufs am Freitag war der  19-Jährige Sohn am Wort. Ihm wollte der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft die Tat in die Schuhe schieben. Auf die Frage, ob er seinem Vater die Tat zutrauen würde, antwortete der Teenager mit einem klaren: "Ja."

In der Tatnacht sei er durch die Schreie seiner Geschwister wach geworden und aus seinem Zimmer gelaufen, berichtete der Sohn vor Gericht. Daraufhin sei der Täter geflüchtet. Seine Mutter habe ihm gesagt, dass der Mann sie gewürgt hat und: "Sie hat sofort gesagt, dass es mein Vater war." Seit dem Vorfall könnten er und seine Geschwister nicht mehr schlafen.

"Einmal zufällig gesehen"

Er habe nie ein gutes Verhältnis zu seinem Vater gehabt, dieser habe kaum etwas mit ihm unternommen, berichtete der Sohn weiter. Seit der Scheidung seiner Eltern 2010 habe er ihn nur einmal gesehen - zufällig in einem Shopping-Center. "Er ist vorbeigegangen, als ob er mich nicht kennen würde."

Laut Staatsanwaltschaft hat der Mann im Juli in die Wohnung seiner Ex-Frau in Pasching (Bezirk Linz-Land) eingebrochen. Der Plan habe vorgesehen, sie und die Kinder zu betäuben, mit einem Messer zu töten und Feuer zu legen. Dabei habe er es so aussehen lassen wollen, als ob der älteste Sohn die Tat begangen und sich anschließend selbst umgebracht habe. Motiv sollen 32.000 Euro Alimente-Rückstände gewesen sein.

Die Ausführung der Tat scheiterte aber an der Gegenwehr der Frau, die den Angreifer in die Flucht schlug. Diese Version basiert auch auf einem Geständnis, das der Angeklagte bei der Polizei abgelegt hat. Vor Gericht sagte er aber plötzlich, er habe diesen Plan nur geträumt und wollte seiner Familie nie etwas antun. Ein Messer und eine Flasche mit Benzin habe er "zufällig" dabeigehabt, ein Fläschchen Aceton, um notfalls seine Ex-Frau am Schreien zu hindern. Er wollte keinesfalls erkannt werden, deshalb trug er eine Strumpfmaske und Handschuhe.

Frau schildert Auswirkungen

Am späten Vormittag folgten die bewegenden Aussagen der Ex-Frau des Angeklagten. Sie berichtete, dass sie und die Kinder noch heute unter den Folgen leiden würden, erzählte von Schlafstörungen, Angstzuständen und psychischen Problemen. "Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht daran erinnert werden, welche Folgen das für uns noch immer hat."

Als sie von der Polizei erfuhr, dass ihr Ex-Mann unter Verdacht steht, habe sie mit "Fassungslosigkeit und der Angst, wie bringst du das den Kindern bei" reagiert. Das Motiv sieht sie klar in den Geldproblemen ihres Ex-Mannes. Die Schulden habe er nicht nur durch die Alimente, sondern auch durch seinen Lebenswandel angehäuft.

Die Frau erzählte, dass ihr Ex-Mann sie völlig unerwartet verlassen und nach der Scheidung jeden Kontakt zu den Kindern abgebrochen hat. Dabei habe sie ihn sogar ausdrücklich darum gebeten, denn die Tochter "hat sich die Augen ausgeweint". Der Angeklagte sei immer mehr an seinem eigenen Leben interessiert gewesen als an der Familie.

Beratungen

Am Nachmittag haben sich die Geschworenen zur Rechtsbelehrung und Beratung zurückgezogen. Sie müssen entscheiden, ob der Angeklagte seine Familie töten und die Wohnung anzünden wollte, aber auch, ob er den Plan freiwillig verworfen hat. Der Mann sagte in seinem Schlusswort: "Ich habe nie geplant, dass ich jemanden verletze", dass die Familie nun traumatisiert sei, tue ihm "furchtbar leid".

"Der Plan war dilettantisch, das ist keine Frage", sagte Staatsanwältin Elisabeth Stellnberger in ihrem Schlussplädoyer. Aber: "Auch ein patscherter Versuch ist ein Mordversuch." Die Familie sei seither "schwer traumatisiert". Dass der Angeklagte behauptet, er habe von dem Tatplan nur geträumt, ihn aber nicht ausführen wollen, glaubt sie ihm nicht. "Er hat sich die Traumvariante nur zurechtgelegt, um besser damit weiterleben zu können", nachdem er in der Untersuchungshaft seine Taten reflektiert habe. Sie forderte daher einen Schuldspruch.

Die Familie verlangt lediglich einen symbolischen Zuspruch von 500 Euro. Der Privatbeteiligten-Vertreter kann sich ebenfalls nicht vorstellen, dass der Angeklagte - wie dieser behauptet - nur seine Kinder sehen wollte: "Es ist mir in 20 Jahren noch nicht untergekommen, dass jemand vermummt sein Besuchsrecht ausübt" - noch dazu um 3.00 Uhr.

Der Verteidiger wies darauf hin, dass sein Mandant einen Sack mit einem Jausenmesser und einer Flasche Benzin auf der Terrasse gelassen und nicht mit in die Wohnung genommen habe. "Wenn er vorgehabt hätte, seine Familie umzubringen, hätte er zumindest das Messer mitgenommen." Für ihn steht fest: "Er hat den Plan über den Haufen geworfen, bevor er in die Wohnung gegangen ist." Dem Angeklagte könne man daher nur eine Körperverletzung vorwerfen.