Mit Karl Lueger haben bestimmte Gruppen in Wien schon seit Jahren ihre liebe Not. Zuletzt hatten Studenten, Promis und Künstler im März 2010 einen Wettbewerb gestartet, um den Karl-Lueger-Platz umzugestalten und den Namen des erklärten Antisemiten ("Wer ein Jud ist, bestimme ich") und das Lueger-Denkmal aus dem Stadtbild zu verbannen. Auch gegen die Bezeichnung Karl-Lueger-Ring wurde heftig polemisiert.

Letzteres jetzt mit Erfolg. Die rot-grüne Stadtregierung hat sich nun aufgerafft, das 620 Meter lange Teilstück der Wiener Ringstraße zwischen Burgtheater und Schottengasse in "Universitätsring" umzubenennen. Entsprechende Beschlüsse sollen noch vor dem Sommer fallen. Lob und Begeisterung kommen vom Uni-Rektorat und der Studentenschaft. Die Rathaus-Opposition - vor allem die FPÖ - kritisiert diese Absichten scharf.

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny erklärte die Entscheidung, Karl Lueger als Namenspatron eines Straßenstücks zu entfernen, nicht jedoch an der Karl-Lueger-Kirche, dem Karl-Lueger-Platz oder dem Karl-Lueger-Denkmal in Wien rütteln zu wollen, als "Zeichen für ein differenziertes Lueger-Bild". Ansonsten werde Wien daran festhalten, keinen Namen zu ändern.

Karl Lueger war Bürgermeister Wiens in der Zeit von 1897 bis 1910. Historiker sagen ihm nach, auch tüchtiger Erneuerer kommunaler Dienstleistungen wie der Wasser- und Energieversorgung gewesen zu sein. Die Wiener ÖVP stemmt sich seit Jahren gegen jede Demontage Luegers. Der neuer Wiener ÖVP-Chef, Manfred Juraczka, wirft der Stadt vor, eine arrogante Entscheidung getroffen zu haben und andererseits "lustvoll Denkmäler für den Massenmörder Che Guevara" im Donaupark gebaut zu haben.

"Einseitige Maßnahme"

Der Wiener Ex-Vizebürgermeister Erhard Busek spricht mit Blick auf die Umbenennung der Ringstraße von einer "einseitigen Maßnahme", die "ein gewisses Ausmaß an Lächerlichkeit erreicht". Die Universität Wien sollte besser vor ihrer eigenen Türe kehren, meinte Busek gegenüber der Kleinen Zeitung.

Luegers Gegner wiederum führen in Treffen aus, der Altbürgermeister sei Populist und ein Antisemit gewesen, der diese Haltung bewusst zur politischen Strategie gemacht habe. So freut sich nun Uni-Rektor Heinz Engl über die Umbenennung, weil "im Hinblick auf das 650-Jahr-Jubiläum 2015" die Universität eine neue Adresse haben werde, für die man sich im Ausland nicht mehr rechtfertigen müsse. Applaus kommt auch von der Hochschülerschaft, von den Grünen und der Israelitischen Kultusgemeinde. Sie freut sich über "einen besonderen symbolischen Akt".

Anfang Herbst könnten an der Ringstraße neue Straßenschilder montiert sein, die vor allem die FPÖ ärgern. Sie spricht von "linkem Gesinnungsterror" und von einer "politischen Umerziehung", die von Rot und Grün betrieben werde. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache grämt sich darüber, dass "ein herausragender Wiener Bürgermeister aus einem Straßennamen gedrängt" werde, "ausländische Massenmörder" jedoch Denkmäler erhielten.