Im Fall der tödlichen Hundeattacke auf eine Joggerin im oberösterreichischen Naarn letzten Oktober ist am Donnerstag ein Urteil gefallen: Nachdem die Staatsanwaltschaft Linz einen Strafantrag wegen grob fahrlässiger Tötung gegen die Hundehalterin eingebracht hatte, wurde die Frau am Straflandesgericht Linz von einem Einzelrichter zu 15 Monaten Haft – fünf davon unbedingt – verurteilt. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Der Prozess dauerte nur eine halbe Stunde.

Zu der Hundeattacke kam es am 2. Oktober 2023 auf einem Feldweg. Zunächst ging man davon aus, dass ein American Staffordshire Terrier die 60-jährige Joggerin angefallen hatte. Ein DNA-Abgleich zeigte, dass noch zwei weitere Hunde zugebissen haben dürften. Die 38-jährige Halterin war mit allen drei Zuchthunden – einem Rüden und zwei Weibchen – spazieren. Elmo, Cookie und Peanut lauteten die Rufnamen der drei erwachsenen American Staffordshire Terrier, berichten die „Oberösterreichischen Nachrichten“ (OÖN). Sie wogen 31,5 Kilo (Elmo), 22 und 19 Kilo, in Summe also 72,5 Kilo. Die Halterin wog damals 81 Kilo, als sie mit den Tieren an der Leine auf einem Feldweg am Rand von Naarn spazieren ging, so wie sie es schon vorher wiederholt getan hatte. Zwei Hunde trugen damals auch einen Beißkorb, „Elmo“ nicht.

Es kam zur Tragödie: Der Rüde Elmo „hat die Frau niedergerissen, weil er plötzlich von der einen Seite auf die andere Seite gezogen hat“, schildert Breiteneder die Aussagen der Angeklagten. Als die 38-Jährige aufblickte, habe sie die Hunde bei der Joggerin gesehen, „die Halterin war weder körperlich noch mit Kommandos in der Lage, die Hunde vom Angriff abzuhalten“, sagt Breiteneder. Die Joggerin wurde von den Tieren totgebissen.

Umfassendes Geständnis

Die Angeklagte legte vor Gericht ein umfassendes Geständnis ab: „Ich übernehme die volle Verantwortung.“ Ihr sei es auf „tragische Weise nicht gelungen“, die Kontrolle über die Tiere jederzeit zu behalten. Sie könne das Unglück nicht ungeschehen machen, bat „aufrichtig um Entschuldigung“ und sprach den Hinterbliebenen ihr „tiefes Beileid“ aus, verlas die Angeklagte im bis auf den letzten Sitz belegten Schwurgerichtssaal eine Stellungnahme. Fragen wollte sie nicht beantworten. Auch Zeugen wurden keine gehört.

Seine Mandantin sei nach wie vor „sehr bestürzt“ über das, was am 2. Oktober passierte, sagte Strafverteidiger Philipp Wohlmacher. Er beschrieb sie als eine „sehr verantwortungsvolle Hundehalterin“. Die Staatsanwältin hatte hingegen der Halterin vorgeworfen, dass sich diese selbst „überschätzt“ habe. Tatsächlich konnte sie die drei insgesamt 72 Kilo schweren Tiere nicht halten, meinte die Anklägerin. Diese Annahme sei „rein illusorisch“ gewesen. Zu keiner Zeit sei sie in der Lage gewesen, das Zuggewicht der „gefährlichen Hunde“ halten zu können, wozu sie aber jederzeit in der Lage hätte sein müssen.

Der Anwalt der Hinterbliebenen forderte Teilschmerzengelder von jeweils 20.000 Euro für Witwer und Sohn, was sie vom Einzelrichter zugesprochen bekamen. Die „bestialische“ Art und Weise, wie die Frau zu Tode gekommen sei, würde man nicht einmal seinem Feind wünschen, meinte er.

„Sie will keine Hunde mehr halten“

Seine unbescholtene Mandantin, eine Pflegekraft im Gesundheitsbereich, wiege mittlerweile keine 81 Kilo mehr, so Wohlmacher im Vorfeld zu den „Oberösterreichischen Nachrichten“. Es gehe ihr psychisch weiterhin schlecht, sie sei immer noch im Krankenstand und in Behandlung, derzeit wieder stationär auf der Psychiatrie.

Es sei seine Aufgabe als Verteidiger, zu betonen, „dass meine Mandantin keine Parade-verantwortungslose Hundehalterin ist“. Sie sei eine „sehr sorgfältige Züchterin“ gewesen. Sie habe an Veranstaltungen teilgenommen, bei denen das Wesen der Hunde als „ruhig“ beschrieben worden sei.

Zwei Hundehalteverbote seien über seine Mandantin per Bescheid verhängt worden, sagt der Anwalt. Eines habe er beim Verwaltungsgericht angefochten, „weil es rechtlich unrichtig ist und überprüft gehört“. Das bedeute nicht, dass die Angeklagte wieder „Amstaffs“ haben wolle. „Sie will keine Hunde mehr halten.“

Verschärfung des Gesetzes

Die tödliche Bissattacke war auch der Anlass, in Oberösterreich eine Verschärfung das Hundehaltegesetz in Angriff zu nehmen. Auf eine entsprechende Novelle haben sich im Unterausschuss bereits die Landtagsparteien verständigt. So sollen sechs Rassen als gefährlich eingestuft werden, für die es dann spezielle Anforderungen in der Haltung inklusive Leinen- und Maulkorbpflicht gebe. Für Personen, die sich einen Bullterrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Dogo Argentino, Pitbull und Tosa Inu zulegen wollen, gelte laut den beabsichtigten Vorschriften eine „erhöhte Ausbildungserfordernis“.

Diese soll auch generell für große Hunde mit mehr als 40 Zentimetern Widerristhöhe oder einem Gewicht von mehr als 20 Kilogramm kommen. Konkret hieße dies, dass Halter jener Hunde zusätzlich zum allgemeinen Sachkundenachweis – sechs Stunden für kleine Hunde – auch einen Praxistest, eine sogenannte Alltagstauglichkeitsprüfung, absolvieren müssen. Dabei wird das Verhalten von Hund und Herrchen/Frauchen in üblichen Alltagssituationen wie im Straßenverkehr oder bei Menschenansammlungen überprüft. Zudem ist beabsichtigt, Gemeinden mehr Handlungsspielraum nach Vorfällen mit Hunden zu geben.