Pro:

Teresa Millesi, Bundesvorsitzende der katholischen Jungschar Österreich: „Das Schminken von Hautfarben ist nicht mehr zeitgemäß“

Vor 70 Jahren hat sich die Jungschar des Sternsingens angenommen. Dank engagierter Pfarren wurde der alte Brauch wieder- und neubelebt. Seither hat sich einiges verändert: In den 1950er und 1960er Jahren durften beispielsweise nur Buben Sternsingen gehen. Das ist heute unvorstellbar, zwei Drittel der sternsingenden Kinder sind Mädchen.

Sternsingen ist also kein „historisches Schauspiel“, sondern etwas Lebendiges, Aktuelles – und das soll es auch weiterhin bleiben. Wir empfehlen, auf das Schminken von Hautfarben zu verzichten, weil uns die Symbolik nicht mehr zeitgemäß erscheint. Die simple Schlussfolgerung „Du bist schwarz – du kommst aus Afrika“ passt heute nicht mehr. Österreicherinnen und Österreicher haben die unterschiedlichsten Hautfarben – und das ist gut so.

In vielen Pfarren wird schon lange nicht mehr geschminkt, das hat mitunter auch praktische Gründe, die Farbe ist unangenehm, verschmutzt die Kleidung. In ihrem unermüdlichen Engagement, ihrem Einsatz für eine gerechtere Welt brauchen die Kinder keine Farbe im Gesicht – denn sie sind königlich, so wie sie sind.  

Pro:

Fred Ohenhen, Gründer des Projekts IKU für interkulturelle Bildungsarbeit in Graz: „Es gibt genügend Schwarze, die selbst Sternsinger sein könnten“

In der Debatte, ob Kinder beim Sternsingen dunkle Schminke tragen sollen oder nicht, muss ich mich gegen das Schminken aussprechen. Einerseits bin ich der Meinung, dass es genug Menschen dunkler Hautfarbe gibt, die vielleicht mitgehen würden – zumindest in größeren Städten wie Graz. So könnte man diesen Menschen zeigen, dass sie in Österreich zu Hause sind und ein Teil der Gesellschaft geworden sind. Seien wir doch froh, dass wir die Kinder nicht mehr anmalen müssen, wo wir genügend schwarze Menschen hätten. Man fühlt sich irgendwie verhöhnt. Wir haben es doch in Österreich nicht notwendig, helle Menschen schwarz zu bemalen.

Und andererseits, was vielleicht noch viel wichtiger ist: Es spielt doch heutzutage gar keine Rolle (mehr), welche Hautfarbe die Könige hatten! Es könnten ja auch einmal zwei oder drei dunkelhäutige Kinder Sternsinger sein wollen – muss ich dann zwei von ihnen weiß anmalen? Ich denke, diese Fokussierung auf Hautfarbe ist gestrig und muss überdacht werden. Mensch ist Mensch, König ist König, Sternsinger ist Sternsinger, egal, welche Farbe seine Haut hat.

Kontra:

Anna Diouf, Journalistin und Autorin: „Statt Empörung und Skandalisierung brauchen wir Dialog“

Sternsingen sollte nicht für gesellschaftspolitische Agenden instrumentalisiert werden – weder, um provokant an Bräuchen festzuhalten, die andere Menschen als verletzend empfinden, noch von Vertretern „woker“ Ideen, die die Verkleidung als „schwarzen König“ pauschal als rassistisch bezeichnen. Es ist eigentlich bereits intellektuell unlauter, hier von Blackfacing zu sprechen, da sich der Begriff auf die US-amerikanische Praxis bezieht, Afroamerikaner bewusst grotesk und diffamierend darzustellen. Es ist absurd, zu behaupten, dass es dasselbe sei, wenn sich jemand dunkel schminkt, um Dunkelhäutige zu beleidigen, oder wenn er es tut, um einen dunkelhäutigen Menschen zu ehren. Zumal dieser ja „historisch“ wahrscheinlich nicht einmal schwarz war, sondern aus verschiedenen Gründen zum Schwarzen „erklärt“ wurde. Hier wollten also Europäer schwarze Menschen in ihrem Brauchtum sichtbar machen. Es ist legitim, wenn Schwarze diese Darstellungsweise ablehnen. Aber es ist eben nicht per se rassistisch. Statt Empörung und Skandalisierung brauchen wir Dialog. Der Brauch ist nicht mehr sehr verbreitet, in Deutschland wird davon abgeraten. Wenn in einer Gemeinde jemand ist, der das nicht möchte, kann man problemlos darauf verzichten. Wenn es Tradition ist, und niemanden stört: Warum nicht. Mehr Achtsamkeit im Umgang miteinander sollte doch für Christen selbstverständlich sein. 

Kontra:

Pater Prince Mathew, Kaplan im Seelsorgeraum Voitsberg: „Dunkles Make-up empfinde ich nicht als rassistisch“

Aus meiner Sicht ist es wichtig, Diskussionen über die Darstellung anderer Menschen, vor allem aus anderen Kulturen, höchst verantwortungsvoll zu führen – und kulturelle Empfindungen zu berücksichtigen sowie auf die Inklusion aller Menschen zu achten. Wir sollten einen offenen Dialog und ein Umfeld fördern, das verschiedene Ansichten respektiert. In einem weiteren Sinne bedeutet das: Es ist nichts falsch daran, einen schwarzen König darzustellen – unabhängig davon, ob es ein geschminkter Weißer ist oder jemand, der von Haus aus eine schwarze Hautfarbe hat – denn jeder Mensch ist ein Kind Gottes, trotz aller Unterschiede. Ich sehe darin keinen Rassismus, wenn ein weißes Sternsinger-Kind seine Haut dunkel schminkt.

Persönlich lege ich sehr großen Wert auf Gemeinschaft und finde, dass das Menschsein als die wichtigste Verbindung aller Personen angesehen werden sollte. Es ist entscheidend, wechselseitiges Verständnis und Respekt zu fördern. Man sollte Diversität feiern, anstatt zuzulassen, dass sie eine Quelle der Spaltung unserer Gesellschaft wird. Ein offener Diskurs hilft dabei, Brücken zu bauen.

Kontra:

Franz Karl Praßl, Professor für Gregorianik in Rom: „Die bunt bemalten Gesichter stehen für die gesamte Menschheit“

Man bedenke, was das Matthäusevangelium im 2. Kapitel sagen will. Die „Weisen aus dem Morgenland“ (Lutherbibel) – also Ausländer in Jerusalem – repräsentieren das Erkennen des Erlösers in den fernsten Winkeln der Welt: „Alle Enden der Erde schauen Gottes Heil“ (Ps. 98,3) wurde schon am Weihnachtstag gesungen. Eine vertiefte Reflexion von Mt 2 machte im Laufe der Geschichte aus den Weisen die „Heiligen Drei Könige“: eine theologische und nicht eine historische Aussage. Die biblische Begründung dafür lautet: „Alle Könige sollen ihm huldigen, alle Völker ihm dienen“ (Psalm 72,11). Das ist natürlich für viele Menschen heute noch unerträglicher, aber eine Vision des Juden- und Christentums, hier natürlich in christlicher Sichtweise. Daran erinnert in der christlichen Kunst auch in unzähligen steirischen Kirchen, dass die Könige jung, mittelalt und alt sind, und zusätzlich aus Europa, Afrika und Asien stammen. Die gesamte Menschheit, ja Welt steht am Tag der „Erscheinung des Herrn“ an der Krippe. Das vermitteln die Sternsingerinnen und Sternsinger mit ihren bunt geschminkten Gesichtern, und aus diesem Hintergrund heraus werden Spenden gesammelt.