Wenige Länder investieren so viel Geld ins Bildungssystem wie Österreich, der Output lässt zu wünschen übrig. Zumindest hat Österreich noch einen weiten Weg vor sich, um als bildungspolitisches Vorzeigeland herumgereicht zu werden – vom dualen Ausbildungssystem abgesehen. Das liegt auch daran, dass man hierzulande mit einer evidenzbasierten Politik fremdelt. In den letzten Jahrzehnten wurden Tausende Schulversuche genehmigt, eine Evaluierung sucht man vergeblich.

AMS-Chef Johannes Kopf lässt in dem in der Edition Kleine Zeitung erschienenen Buch „Ideen, die geh’n!“ mit einem Projekt aufhorchen. Vor 20 Jahren kamen die Verantwortlichen beim Arbeitsmarktservice zur Einsicht, es wäre hoch an der Zeit, die 100 regionalen Geschäftsstellen einer Evaluierung zu unterziehen: ob die Arbeitssuchenden optimal betreut werden, ob der Wiedereinstieg ins Arbeitsleben gelingt oder nicht, wie es um die Kundenzufriedenheit steht.

Unter Einbindung von Experten wurde ein aus 30 Indikatoren bestehendes „Balanced Scoreboard“ etabliert, das auch regionalen Gegebenheiten Rechnung trägt – etwa, ob die Region boomt oder unter Abwanderung leidet. „Es kann sein, dass eine Geschäftsstelle in einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit besser abschneidet als eine in einem hochdynamischen Ballungsraum“, so Kopf im Gespräch.  

Vor zehn Jahren klopfte Kopf erstmals beim Bildungsminister an – mit der Idee, ein ähnliches Evaluierungssystem zu entwickeln. „Statt uns in endlosen ideologischen Debatten über das Schulsystem zu verheddern, sollte man doch wissen wollen, welche Schulen die Schüler auf das spätere Leben gut vorbereiten – und welche weniger gut.“ Das sei auch im Sinn der Eltern. „Da keine Evidenz existiert, wird jede Schulwahl zu einer Frage des Gefühls oder einer privaten Empfehlung.“

Im Ministerium biss der AMS-Chef auf Granit. „Ich habe seit 2012 mehrere Bildungsminister persönlich besucht und dafür geworben. Ich kann nicht sagen, woran es tatsächlich scheitert.“ (Man darf vermuten, dass die Lehrergewerkschaft davon nichts hält.)

Der Einwand, dass eine Brennpunktschule schlechter abschneiden würde als eine Eliteschule im ersten Bezirk, sei nicht gesagt. „Es kann durchaus sein, dass ein Döblinger Gymnasium, das viele ausgezeichnete Studenten hervorbringt, in Wirklichkeit gar nicht besser ist als jene Floridsdorfer Schule, die mit einem hohen Anteil an Kindern aus bildungsfernen Familien oder mit Migrationshintergrund in Wirklichkeit Unglaubliches leistet.“

Noch dazu werden viele der für ein Scoreboard notwendigen Daten von der Statistik Austria längst erhoben. Wie viele Maturanten aus einem bestimmten Gymnasium brechen ihr Studium ab? Was verdienen die Absolventen eines konkreten Studiums an jener FH oder an einer anderen? Wie viel Prozent der Pflichtschulabsolventen zweier unterschiedlicher Mittelschulen sind nach 18 Monaten arbeitslos, in einer Lehrstelle, in Beschäftigung? „All diese Daten gibt es, man muss sie nur nützen wollen“, so Kopf.