Seit vier Jahren gibt es nun schon die "Fridays for Future"-Bewegung. Welche Erfolge könnt ihr verzeichnen?

Alena Zöch: Ein großer Erfolg ist natürlich, dass wir so groß geworden sind. Aus einer Person wurde eine weltweite Bewegung. 2019 waren wir alleine in Graz 10.000 Leute. Mitunter ein Erfolg von "Fridays for Future" ist, dass der Lobau-Tunnel nicht gebaut wird. Das Thema ist wirklich bei den Leuten und in den Medien angekommen. Niemand kann mehr sagen "Die Klimakrise gibt's nicht". 

Gab es auch Misserfolge?

Zöch: Natürlich gibt es immer Leute, die haten, dass wir das machen. Aber ein richtiger Misserfolg ist das nicht.

Besagte Hater werfen "Fridays for Future" immer wieder vor, dass im Sommer nicht demonstriert wird, während der Schulzeit aber schon. Sie sehen in den Streiks tatsächlich eine Ausrede, um nicht zum Unterricht gehen zu müssen. 

Zöch: Es ist so, dass wir alle auch selbst ein Privatleben haben. Für viele von uns ist es ein 40-Stunden-Job und wir sammeln im Sommer Energie für den großen Streik im Herbst. Es ist aber nicht so, dass man im Sommer Pause macht und das Klima plötzlich keinen Wert mehr hat. Wir nutzen ihn auch zur Planung. Außerdem ist "Fridays for Future" inzwischen mehr als ein Schulstreik.

Stichwort Privatleben: Im Alltag ist es schwer klimafreundlich zu leben, weil gewisse Grundbedingungen einfach fehlen. Wie geht ihr damit um?

Zöch: Natürlich ist es wichtig, dass man versucht nachhaltig zu leben, vegan zu essen, secondhand einzukaufen usw. Ich persönlich kenne niemanden von "Fridays", der oder die sich traut in den Urlaub zu fliegen, weil mit der Klimakrise auch viele Angst- und Schuldgefühle verbunden sind. Aber die Verantwortung sollte nicht auf Einzelpersonen abgeschoben werden. Noch wichtiger ist es, auf die Straße zu gehen und Druck auf die Politik auszuüben.

Was ist von den anfänglichen Freitagsdemonstrationen der "Fridays for Future" übrig geblieben?

Zöch: Allen voran eine große Bewegung. Dennoch ist uns aufgefallen, dass es für den weltweiten Klimastreik am 23. September etwas Neues sein muss. Es ist schon so normal, dass "Fridays for Future" um 12 Uhr auf die Straße geht und streikt. Es kommen vielleicht 2000 Leute und das wars. Das kommt nicht mehr so überwältigend an, was natürlich schade ist. Wir streiken dieses Mal um 9 Uhr, damit das Streiken wieder im Vordergrund und es nicht einfach eine lustige Demo ist. Außerdem versuchen wir Schulen zu mobilisieren und zu erreichen. 

Alena Zöch ist Teil von "Fridays for Future" in Graz
Alena Zöch ist Teil von "Fridays for Future" in Graz © KK/Privat

Diverse Klimaaktivistinnen und -aktivisten sorgen für Aufsehen indem sie Straßen blockieren. Wie begeistert man Menschen, die dadurch zu spät zur Arbeit kommen, für Klimaschutz und wie steht "Fridays for Future" zu diesem zivilen Ungehorsam?

Zöch: Wir würden das so nicht machen, weil wir zugänglich für alle bleiben wollen. Wir finden aber, dass es wichtig ist, dass es alle Aktionsformen gibt. Ich glaube, dass wir als Klimabewegung zusammen etwas erreichen und, dass es wichtig ist, dass es Leute gibt, die zivilen Ungehorsam machen aber auch, dass es Leute gibt, die die breite Masse ansprechen. Von Pendlerinnen und Pendlern kann man in solchen Situationen nicht verlangen, nicht sauer zu sein - ich würde das sogar verstehen. Aber trotzdem sind solche Aktionen wichtig. Und manchmal ist genau so ein Konfliktpunkt hilfreich, dass noch mehr Druck auf die Politik entsteht und gehandelt wird.

Wie erreicht man im Kampf gegen den Klimawandel die älteren Generationen?

Zöch: Für ältere Personen gibt es auch "for Future"-Gruppen, zum Beispiel die "Parents" und die "Grandparents for Future". Generell rufen wir alle Generationen auf mitzustreiken. Uns ist es wichtig, dass auch ältere Generationen sich in das Thema hineinversetzen. Es geht um die Zukunft deren Enkelinnen und Urenkellinnen. Vielen geht das emotional noch nicht so nahe. Sie müssen sich mehr damit beschäftigen.

Wie können sich die Menschen abseits der Streiks mehr in die Debatte einbringen?

Zöch: Man kann viel tun: Interviews geben, Kommentare schreiben, E-Mails an Politiker und Politikerinnen schreiben. Aber natürlich kann man auch im eigenen Umfeld Leute aufklären. In unserer Bubble ist die Wichtigkeit des 1,5-Grad-Ziels schon angekommen, aber in anderen noch nicht. Genau deshalb ist es wichtig, dieses Wissen weiterzugeben.