Vor 14 Monaten trat Walter Pöltner als Vorsitzender der Pensionskommission zurück – aus Protest, weil die Regierung die Dramatik der Pensionslage verkenne. Die Politik nehme die ständige Schwächung des Versicherungsprinzips hin, so der Befund des Experten. Sowas kümmert bei uns aber niemanden. Pöltners Posten ist noch immer verwaist. Man zuckte kurz mit den Achseln und machte dann dort weiter, wo man seit eh und je besonders gut ist: im Beharren gegen jede unbequeme Änderung von Strukturen.

Heute, Mittwoch, tritt die führungslose Kommission wieder einmal zusammen. Sie muss sich mit einem neuen Gutachten herumschlagen, das die Pensionslücke schonungslos beschreibt: Der staatliche Zuschussbedarf zum zerzausten System wächst allein in den kommenden fünf Jahren von 26 auf fast 38 Milliarden Euro. Für den grünen Sozialminister Rauch ist das aber natürlich kein Problem. Er antwortet mit der alten sozialdemokratischen Gebetsmühle: "Die Pensionen sind sicher."

Nun gibt es tatsächlich, wenn man lange genug den Beschwichtigungsrechner füttert, ein paar Faktoren, die das stark wachsende Problem irgendwann wieder leicht dämpfen werden. Aber das löst gar nichts und erklärt vor allem nicht, wie wir den Gesamtstaat notdürftig zukunftsfit machen. Jedes Hände-in-den-Schoß-Mantra ist maximal zukunftsschädlich und gefährlich. Denn der Staat wird 2027 bereits 6,7 Prozent der Gesamtwirtschaftsleistung nur für Pensionszuschüsse ausgeben. Dieses Geld fehlt für die Fülle der wichtigen anderen Aufgaben, von Klimaschutz über Bildung bis Gesundheit. Es stellt sich massiv die Frage der Generationengerechtigkeit, und es droht eine potenziell explosive Frontstellung: Hier die vielen Alten, die lebenslang viel gearbeitet haben und jetzt ordentliche Pensionen wollen. Dort die zu wenigen Jungen, die die ihnen aufgebürdete Finanzierungslast als tendenziell unbewältigbar empfinden. Und als Antwort zum Teil lieber in ökonomische Fantasiewelten (Work-Life-Balance und arbeitsloses Grundeinkommen) flüchten, anstatt eine Vollzeit-Berufstätigkeit aufzunehmen.

Diese drohende Spaltung ist das viel größere Problem. Mit dem beharrlichen Schönrechnen von ein paar Milliarden lässt es sich nicht aus der Welt schaffen. Lesen Sie dazu bitte auch unsere heutigen Berichte und den Leitartikel von Kollegin Veronika Dolna. Hoffentlich gibt es noch irgendwo auf dem Planeten Österreich Spurenelemente von seriöser Politik, die sich für das Thema zuständig fühlt.