Der Leistungsunterschied zwischen jenen Schülern, die die deutsche Sprache beherrschen, und jenen, die das nicht tun, ist während des Corona-Lockdowns größer geworden. Deshalb bietet das Unterrichtsministerium vorwiegend Kindern mit Migrationshintergrund in den Ferien einen Förderunterricht an. Die Begeisterung hält sich in Grenzen, weil viele Familien lieber in ihrem Heimatland Urlaub machen. Vor fünf Jahren nahmen wir einen unbegleiteten Jugendlichen aus dem Iran auf. Sein exaktes Alter ließ sich schwer feststellen, da er keinen Pass hatte. Er gab an, 17 zu sein, war intelligent, besuchte die ihm angebotenen Sprachkurse und lernte schnell unsere Sprache.

Ein Mal fragte ich ihn beim Frühstück, wann sein Kurs beginne. „Jetzt“, erklärte er mir lachend, aber es mache gar nichts aus, wenn er eine halbe Stunde später komme. Er zähle immer noch zu den Ersten. Viele Asylwerber kämen gar nicht. Nachdem er eine Aufenthaltsbewilligung bekommen und mit seiner (iranischen) Freundin eine Wohnung bezogen hatte, bot ich den beiden an, ihnen regelmäßigen Deutschunterricht zu geben. Zwei Mal war ich bei ihnen. Während ich mit ihm übte, saß sie vor einem riesigen TV-Bildschirm und sah einen Film in ihrer Muttersprache Farsi. Sie weigerte sich, mit mir Deutsch zu lernen, weil sie sich genierte. Wir vereinbarten, dass er mich für einen nächsten Termin anrufen solle. Seit zwei Jahren habe ich nichts mehr von ihm gehört, auch zu meinen Söhnen hat er den Kontakt abgebrochen.

Ein pensionierter AHS-Lehrerkollege lud eine kleine Gruppe von Asylwerbern zu sich nach Hause ein, um ihnen erste Sprachkenntnisse zu vermitteln. Sie kamen ein Mal – und nie wieder. Viele glauben, es würde genügen, einen Deutschkurs zu besuchen. Das ist die Voraussetzung. Aber um eine Sprache einigermaßen zu beherrschen, muss man vor allem eines: sich zu Hause hinsetzen, das Gehörte wiederholen und lernen. Ohne Vokabelkenntnisse gibt es keinen Fortschritt. Der Staat, Hilfsorganisationen und Privatpersonen können nur Angebote machen. Lernen muss jeder selbst.