"Gedöns“ hat ein deutscher Kanzler einmal sein Familien-, Frauen- und Jugendministerium genannt. Er hat es später bedauert und hätte es wohl nie gesagt, wenn er selbst Kinder betreut und die Alltagssorgen von Eltern gekannt hätte. Und so ist ja auch für manche Politiker die Frage „Wohin mit den Kindern im Sommer, wenn Großeltern als Risikogruppe ausfallen?“ nur eine private Banalität. Möglich, dass unser Kanzler betonen wird, es sei keine Schande, Hilfe zu benötigen. Wie er beim Shutdown sagte, es sei „keine Schande“, wenn man die Kinder zur Betreuung in Schulen oder Kindergärten bringe, wenn es anders nicht mehr ginge.
Nein, man sollte nicht jedes Wort auf die Waagschale legen, aber ein Wort wie Schande krallt sich wie Gedöns fest. Es sagt zu viel über das Wissen, besser Nichtwissen über die Alltagssorgen von Eltern aus. Eltern, die – wie Leser schreiben – kaum gehört werden. Ja, im Wettstreit der Rufer nach Hilfspaketen gehen sie unter. Da gibt es keinen Kabarettisten, der im ORF seinen Zorn über die dann schnell zurückgetretene Kulturstaatssekretärin äußerte. Da fehlen die Lautsprecher, die rufen: „Hallo, es gibt uns auch noch!“ Wen kümmert es, dass fast 40 Prozent der Eltern von Volksschulkindern aufgrund verbrauchter Corona-Urlaube nicht wissen, wie sie die Betreuung im Sommer schaffen sollen? Pech gehabt? Privatsache? Ja, Kinder sind auch Privatsache. Aber die Probleme von Unternehmen, die jetzt Milliardenzuschüsse erhalten, sind zum Teil auch Privatsache. Mit dem Unterschied, dass da keiner von Schande spricht, wenn um Unterstützung angesucht wird. Im Gegensatz zu Eltern.
Ob die aktuelle Forderung der Eltern nach Sommercamps überzogen ist? Sie sind eine Notwendigkeit ohne Wenn und Aber. Im Sinne der Kinder, im Sinne der Eltern, die arbeiten müssen, und damit auch im Sinne der Wirtschaft.
Hat Österreich übrigens noch eine Familienministerin?