Wenn man ein halbwegs geselliger Mensch ist, die Augen und Ohren offen hält, begegnen einem interessante, manchmal kuriose Menschen. Wie zum Beispiel B., ein lieber Bekannter aus Oberbayern. Er hat Kernphysik studiert und am Forschungszentrum Cern in der Schweiz gearbeitet. Dennoch pflegt er liebevoll das Idiom seiner Heimat und ein Besuch in der Hauptstadt klingt bei ihm so: „Da han mia noch Minga einigfohrn.“

B. liebt Musik in vielen Varianten. Zum Beispiel ist er glühender Fan der Ersten Allgemeinen Verunsicherung. Bei seinen raren Besuchen bei uns darf die ganze Nachbarschaft die EAV mithören.

Aber auch Klassik hat es ihm angetan, vor allem Klaviermusik. B. hat viel Zeit seines Lebens selbst am Piano zugebracht. Man könnte sagen, dass er sich geradezu fanatisch dafür begeistert. Und nun, da er in Pension ist, arbeitet er an einem Großprojekt.

Hier muss erwähnt werden, dass B. zu seinem Leidwesen mit Fingerchen ausgestattet ist, die das Format von Kinderwürsteln haben. Eine Dezime zu spielen, sei ihm schier unmöglich, klagte er.

Also braucht er ein etwas anderes Piano. Mit einem befreundeten Klavierbauer verschmälerte er die Tasten seines Instruments um jeweils einen Millimeter, eine Heidenarbeit.

Aber das eigentliche Opus Magnum ist erst im Entstehen:
B. ist daran, 333 Werke für Klavier in jeweils Fünf-Minuten-Versionen einzustudieren. Beginnend mit William Byrd, einem Zeitgenossen Shakespeares, über Mozart und Dave Brubeck bis zu Ernst Krenek und gegenwärtigen Neutönern.

In 18 jeweils eineinhalb Stunden währenden Konzerten will B. auf seinem Landsitz dem geneigten Publikum das Ergebnis darbieten. Termin noch nicht fix. „Aber“, erklärt er fröhlich, „zweihundert Stücke kann ich schon.“