Das Lexikon ist tot, es lebe das Lexikon! Wir haben in der heutigen Ausgabe eines eröffnet. Wir haben es „Lexikon des politischen Neusprech“ genannt. Es geht im Kern um die Frage, wie die Politik, geschult im Marketing, über den Einsatz von Sprache das Bewusstsein und Denken steuert. Schaurig schön sichtbar wird dieses Wechselverhältnis zwischen Sprache und gelenkter Wahrnehmung von Wirklichkeit (mit dem Ziel, eine neue zu erschaffen), beim Thema „Migrationskrise“. Beim Tippen dieser Wortkomposition auf das Glas des Tablets wird dem Morgenpostler soeben bewusst, dass er selbst gerade Opfer politischen Marketings geworden ist, Opfer einer raffinierten Umdeutung des Deutungsrahmens, des Re-framings, wie die Kommunikationsforscher sagen. Migration und Krise werden zu einem Wort, zu einer Sinneinheit verschmolzen, sodass das Thema Flucht im Kopf automatisch als etwas Krisenhaftes und per se Negatives begriffen wird.