Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an Kommentaren, die große Sorge um den Verlust der europäischen Identität im Sinne der Gründungsidee zum Ausdruck bringen. Bisherige Selbstverständnisse, wie die gemeinsame Suche nach Kompromissen, wie Solidarität unter den Mitgliedsstaaten, wie das Bekenntnis zu liberalen Demokratien, die Menschenrechte für unantastbar halten, scheinen durch eine populistische, auf nationale Egoismen ausgerichtete Politik der Vergangenheit anzugehören. Statt gemeinsam gegen diese traurigen und unsere kulturellen Werte vernichtenden Tendenzen aufzutreten, überholen sich einige Staaten im Wettlauf nach rechts und driften, von Wahlerfolgen rechtspopulistischer Parteien getrieben, in diese Richtung ab. Deutschland hat seine CSU, der ein vermeintlicher Erfolg bei Landtagswahlen wichtiger erscheint als der Bestand der Regierung und Österreich übt sich durch seinen Schulterschluss mit der CSU als Sprengsatz. Damit nicht genug, scheint mittlerweile die Nähe zu den Visegrád-Staaten größer zu sein als zu aufgeklärten Demokratien Mitteleuropas. Die innenpolitische Ausrichtung bestätigt diese Nähe. Die Frage, die man sich stellt, ist, wie kann es zu solchen Konstellationen kommen, die Visegrád, Österreich und jetzt auch Italien bestimmen und Deutschland gefährden?

Sind die dort handelnden politischen Parteien die Verführer oder ist es die Mentalität der Wähler in diesen Ländern, die diese Politik wollen? Haben die, die in Österreich Kurz gewählt haben, diese politische Ausrichtung gewollt oder erwartet, oder sind sie nur einer Kurzsichtigkeit erlegen?
Eine eindeutige Antwort scheint mir nicht möglich. Eines ist jedoch klar. Die Migranten zum Sündenbock für alles zu machen und Humanität als Wert zu verlieren, bringt Stimmen und bereitet die Basis für noch gefährlichere Entwicklungen, nämlich die endgültige Entsolidarisierung der Gesellschaft.
Da ist es dann wirklich unerheblich, ob das nun von der Henne oder dem Ei zuerst ausgegangen ist.