Im Krieg heißt es, Seite zu bekennen. Wem halte ich die Stange beziehungsweise von wem werde ich bei Stange gehalten? Vielen Politikern, ob aktiv oder ausgeschieden, stellt sich nun die Gretchenfrage: Wie hältst Du es mit Russland? Darauf wird unterschiedlich, aber auffällig zögerlich geantwortet. Die "gute Diktatur" (Christoph Leitl) von Putin scheint ihn für viele Politiker zu einem begehrten Partner zu machen, den man nur ungern versetzt. Erst unter steigendem Druck legte der Ex-SPÖ-Kanzler und ehemalige ÖBB-Manager Christian Kern seine Verpflichtungen zurück. Die staatlichen Bahnen Russlands (RZD) waren dann doch etwas zu nahe dran am kriegslogistischen Interesse Wladimir Putins, als dass man sie hätte schönreden können. Manche versuchen dennoch gegen das Offensichtliche zu argumentieren. So will Wolfgang Schüssel im Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Lukoil bleiben. Der ehemalige ÖVP-Kanzler lässt ausrichten, dass der Konzern nichts mehr mit dem russischen Staat zu tun hätte, sondern an der Londoner Börse notiert sei. Dass ohne ausreichend Energie nichts läuft, schon gar kein Krieg, tut für Schüssel nichts zur Sache. "In einem Krieg ist eine Firma, die mit Energie handelt, nie eine Privatfirma. Und Wolfgang Schüssel ist sehr intelligent. Dass er uns für so blöd hält, das zu glauben, ist eine bittere Sache." Noch bitterer ist allerdings, dass er damit (auch parteiintern) durchzukommen scheint.