Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist ein Meister darin, seine Gegner auseinander zu dividieren. Das demonstriert er derzeit im türkischen Wahlkampf vor den Wahlen im Mai: Trotz gewaltiger Probleme im Land wahrt er sich die Chance auf eine Wiederwahl, indem er die Opposition spaltet. Die Wirtschaft läuft schlecht, die Inflation ist hoch, laut Umfragen wenden sich viele Türken von Erdoğan ab.

Ein Bündnis aus sechs Oppositionsparteien will Erdoğans zwei Jahrzehnte an der Macht beenden, es verspricht die Abschaffung von Erdoğans unbeliebtem Präsidialsystem und ein Ende der staatlichen Prunksucht. So will der Oppositionsblock nach einer Regierungsübernahme die Präsidenten-Flugzeuge von Erdoğan verkaufen und vom Erlös neue Löschflugzeuge zur Bekämpfung von Waldbränden anschaffen. Das Versprechen einer neuen Bescheidenheit kommt an.

Gewonnen hat die Opposition aber noch lange nicht. Das liegt unter anderem daran, dass sich Erdoğans Gegner bisher noch nicht auf einen Kandidaten einigen konnten. Auch teure Wahlgeschenke von Erdoğan, die von einer Erhöhung des Mindestlohns bis zu einem leichteren Einstieg in die Frühpension reichen, bringen ihm Pluspunkte. Vor allem aber unternimmt Erdoğan alles, um die Oppositionsparteien gegeneinander auszuspielen. So wirft er deren Bündnis vor, mit der Kurdenpartei HDP gemeinsame Sache zu machen, dieses distanziert sich. Damit verhindert Erdoğan eine sonst sichere Niederlage: Mit der HDP im Boot wäre ein Sieg der Opposition am 14. Mai garantiert.