Es kommen härtere Tage. So beginnt die "Gestundete Zeit", ein schönes, existenzielles Gedicht von Ingeborg Bachmann. Es lohnt sich das Wiederlesen, weil das Gedicht den Nerv der Zeit berührt: das Bewusstsein eines Zeitenbruchs, eines Ausgesetztseins, wo einen das Alte nicht mehr schützt und das Neue mit düsteren Ahnungen einhergeht. Putins Krieg hat den Fortschritts- und Wohlstandsautomatismus in Europa jäh durchbrochen. Die Zäsur zwingt zu einer schmerzhaften Revision der Ansprüche, nicht nur gegenüber dem fürsorgenden Staat, sondern auch in Bezug auf das eigene Leben. Verzichtskultur als solidarischer Akt und Gegenwehr: Das wird eine große Prüfung. Eine krisenmüde Wohlstandsgesellschaft lotet erneut ihr solidarisches Potenzial und ihre Widerstandskraft aus. Putins Drosselung der Gaslieferungen soll genau diese Fundamente des Gemeinsinns unterspülen. Sie soll die Preise befeuern, die Ängste und die Entsolidarisierung mit der Ukraine. Das Gift ist eingesickert.