Offenbar gehört es zum Naturell wirklich erfolgreicher Fischer, dass sie Geduld und Ausdauer besitzen, um lange auf den großen Fang warten zu können. Unsere Söhne warteten seinerzeit sechs Jahre – dann geschah am frühen Nachmittag des 26. Juli 2000 etwas ganz Unvorhergesehenes: Nikolaus zog erstmals ein Lebewesen aus dem Wasser, das eindeutig als Fisch zu identifizieren war. Im Triumphzug marschierten unsere Petrijünger vor mir auf, der ich sie immer wieder wegen ihrer Erfolglosigkeit ein wenig gehänselt hatte: „Jetzt sagst´ nix mehr, Papa!?“

Meine Frau schoss ein Dutzend Fotos, um den historischen Moment festzuhalten. Das reine Glück breitete sich über unserer Zeltstadt aus. Durch diesen Erfolg befeuert, wurde sofort der Kauf zweier weiterer, baumlanger Käscher und einer Dose Spezialköder beschlossen, damit die Buben für alle Eventualitäten gerüstet wären. Und tatsächlich! Am nächsten Tag zappelten zwei Sardinen und eine Goldbrasse an der Angel in einer Größe, wie sie am Markt feilgeboten werden. Doch der prächtige Fang hatte seine ungeahnten Tücken. Da keiner bereit war, die Fische abzuschuppen und auszunehmen, auch Astrid nicht (sie vermag aus weltanschaulichen Gründen keinem Tier den Kopf abzuschneiden), hatte Klemens die Idee, die Fische zu verkaufen.

Nun sind Italiener in hohem Maße kinderfreundlich, ihre Liebe zu den Bambini aus Austria reichte aber nicht aus, um mit ihnen ein Geschäft einzugehen. Jedenfalls kamen unsere Kinder ein wenig enttäuscht und die Fische ziemlich mitgenommen vom zeitaufwendigen Rundgang durch den Campingplatz zurück. Auch am nächsten Tag blieb die Zukunft des gefeierten Fanges ungewiss. Also entschloss ich mich kurzfristig, sie zum halben Preis zu erwerben, grillte und verzehrte sie.

Frühmorgens erwachte ich von Übelkeit und starken Magenschmerzen geplagt. Der Arzt, den ich auf die dringende Bitte meiner Frau aufsuchte, beruhigte mich in gebrochenem Englisch: „Es ist nichts Ernstes – nur eine kleine Fischvergiftung …“ Seit damals weiß ich: Auch Vaterliebe kann durch den Magen gehen.