Vor mehr als 30 Jahren war ich eine Woche lang in Japan. Ich mochte es auf Anhieb nicht. Über seine möglicherweise schönen Landschaften kann ich nichts sagen. Wie auch, Japan besteht aus 6.852 Inseln. Nein, es waren vor allem die strengen Sitten und Gebräuche, die mich damals abschreckten. So gab es acht Formen von „Ich“, die passend eingesetzt werden mussten. Selbst für niederrangige Arbeitnehmer waren weißes Hemd, Krawatte und Jacke Pflicht. Letztere durfte bei Sitzungen nur ausgezogen werden, nachdem der Chef sich der Seinen entledigt hatte. Auch war genau reguliert, wer sich bei einer Verbeugung an den Beinen abstützen durfte und wer nicht.

Visitenkarten mussten mit beiden Händen überreicht oder entgegengenommen und danach anerkennend gemustert werden. Und ich hasste die Bodensitzerei in den teureren Lokalen. Damals florierten Love-Hotels. Das waren keine Bordelle, sondern Herbergen, in denen junge Ehepaare ein wenig erotische Privatesse fanden. Das Fernsehen tagsüber von lächerlicher Biederkeit, ab 22 Uhr wurde dann gehauen, gewürgt, gestochen und kopuliert. Ich hasste dieses Land.

Bis ich mit dem Shinkansen von Tokio nach Kyoto reiste. Für die 450 Kilometer brauchten wir samt Halts zweieinhalb Stunden. Der Zug fuhr mit bis zu 400 Stundenkilometern. Wir saßen auf breiten Einzelsitzen und schmausten aus Bentoboxen. Es war eine wirkliche Alternative zur blöden Inlandsfliegerei. Das war vor einem Dritteljahrhundert! Und wir tschuggeln heute noch ganze vier Stunden von Klagenfurt nach Wien. – Europa sieht da sehr alt aus.

Übrigens: Die neuen Maglev-Garnituren in Japan kommen auf 600 Stundenkilometer.