Es ist so weit: Die Hotels sind wieder geöffnet, der Reisende findet Herberge, der Rastlose Unterschlupf, der Einsame die Melancholie, der Hungrige das Grauen des Frühstücksbuffets. Ich halte es mit dem Schriftsteller John Irving, der in seinen wundersamen Romanen nicht nur seiner Zuneigung für Bären, aber auch seiner Leidenschaft für sonderbare Gaststätten ein Denkmal schuf. Ich liebe diese besonderen Plätze auf der Welt und auch die Figuren, die sie bevölkern, denn das Hotel an sich ist ein ewig eigenartiger Ort: Ein Haus bewohnt von Fremden, in jedem Zimmer ein gepackter Koffer, hinter jeder Tür ein unsichtbares Schicksal, nur wenn man sich im Aufzug drängt, rühren die Welten einen Augenblick aneinander.

Bald kann man sie wieder beobachten, die Archetypen von Gästen, die durch Lobbys eilen, hinter falschen Topfpflanzen am Gang stehen, an der Rezeption das Glück der Beschwerde genießen, im Bademantel an überraschenden Stellen wie Flaschengeister aus dem Boden steigen. Die Lauten nehmen sich nicht nur Zimmer, aber auch den ganzen Raum. Für die Leisen allerdings habe ich eine Schwäche, jene, die in großen Stühlen, Büchern und Whiskygläsern versinken, mit Gepäck in geheimnisvoller Form anreisen, zur Tür oder auf die Uhr sehen, als würden sie warten, ohne zu wissen, worauf, bloß, dass es dabei um alles geht, träfe es nur ein.

Ich bin viel unterwegs auf der Welt, kenne die dörflichen Lesereisenpensionen, die für die Dichter die ältlichen Betten aufschütteln, oder die Unterkünfte afrikanischer Moloche mit ihren fensterlosen, heißen Räumen, in denen es nur leise wird, wenn der Strom ausfällt und die kollabierten Aggregate für ein paar Minuten schweigen, bevor der Lärm der kriselnden Röhrenfernseher wieder anhebt. Manches Mal bin ich beruflich in Grandhotels untergebracht, in denen einem abends selbst die Bettdecke von professioneller Hand zurückgeschlagen wird und deren Mitarbeiter stets erstaunt sind, wenn man wie ich in einem winzigen, schmutzigen Auto ankommt, das sie mit Höflichkeit befremdet zwischen den Luxuslimousinen parken.

Als ich vor ein paar Jahren als Jurorin eines Photographiepreises eingeladen war, kam es vor, dass ich am Morgen in der gerade noch halbkühlen 4-Sterne-Sauna des Schlosses einer Maus begegnete. Ich hielt meinen Bademantel fest, stolperte im Wellnessschuh, war mit der hölzernen Schöpfkelle hinter dem Tier her, trieb es mit meiner Begleitung gemeinsam in ein Eck. Da ist eine Maus in Ihrer Sauna, erklärte ich der Dame an der Rezeption, fügte freudestrahlend hinzu, dass ich sie gefangen hätte, und streckte der Entsetzten den Saunakübel entgegen. Das Mäuschen ließ ich im Garten frei, die Rezeptionistin verneinte meine Frage, ob man im Pool mit Fischottern schwimmen könnte und mich im Dampfbad ein Papagei erwarten würde, und als ich das Hotel verließ, war ich selbst schon zum seltsamen Gast geworden, und alle wussten: Die Frau mit der Maus reist ab.