Was ist noch übrig von der einst so stolzen, staatstragenden Partei SPÖ? Seit Wochen muss man sich das fragen, wenn man den zunehmend von Panik geprägten Wahl-Krampf aus der Wiener Löwelstraße verfolgt. Am Anfang wirkte er glücklos, heute schon nur mehr hoffnungslos. Ein trauriger Befund schält sich heraus: Die Pleiten und Pannen sind nicht Zufall, sondern sie haben System.

Tiefen Einblick in die deplorablen Zustände gewährte gestern der Parteichef höchstpersönlich. Christian Kern, immerhin Bundeskanzler des Landes und als solcher mit Gesamtverantwortung ausgestattet, gestand zwar in seiner öffentlichen Erklärung in dürren Worten den „erheblichen Fehler“ ein, Tal Silberstein für die SPÖ engagiert zu haben. Das war es dann aber auch schon mit der Selbstkritik. Als nächster Satz folgte der innige Wunsch, mit den Vorgängen nichts zu tun haben zu „wollen“. Das kann man freilich gut verstehen.

Kein Wort des Bedauerns war vom Kanzler zu hören. Kein Ansatz, für die von SPÖ-Söldnern zugefügten Verletzungen um Entschuldigung zu bitten. Auch keine Sorge um die politische Kultur, kein mahnender Gedanke zu Unversöhnlichkeiten, Lagerbildung, Hass und der brüchig werdenden Gesprächsbasis in unserer Demokratie. Spricht so ein Regierungschef von Format? Kerns Sorgen kreisten fast ausschließlich um sich selbst. Das Versprechen restloser Aufklärung hörte sich an wie eine dunkle Drohung an ominöse Drahtzieher aus anderen Parteien. Mehr noch: Kern zögerte nicht, sich unterschwellig selbst als das Hauptopfer des in seinem Haus angerichteten Skandals darzustellen.
Nun ist zwar nicht auszuschließen, dass die Causa Silberstein noch weitere Kreise zieht. Aber von dumpfen Vermutungen hat niemand was. Wenn Kern etwas Konkretes weiß, soll er es offen sagen. Alles andere ist nur weiteres „dirty campaigning“.

Sonderliches Vertrauen in die SPÖ weckt ihr Umgang mit der Affäre sowieso nicht: Wenn Christoph Matznetter jetzt als Chefermittler fungiert, dann untersucht sich die Partei selber, anstatt einen externen Prüfer zu bestellen. Und Kern sagte, die Beschäftigung von Ex-Mitarbeitern anderer Parteien sei „im Herzen unserer Kampagne zumindest unkonventionell“. Daraus darf man schließen, dass die Spuren eben doch ins Herz der SPÖ weisen.

In seiner Antrittsrede vor 17 Monaten klang Kern noch anders: Er gelobte einen besseren Stil, eine Trendwende im Umgang mit der ÖVP. Das Schauspiel der „Machtversessenheit und Zukunftsvergessenheit“ müsse aufhören. Sonst seien es „nur noch wenige Monate bis zum endgültigen Aufprall“.

Das zumindest könnte sich als prophetisch erweisen. Die SPÖ gibt die klägliche Rolle eines Kanzlerwahlvereins, der im politischen Wettbewerb nicht auf die Kraft von Argumenten setzt, sondern auf den Giftschrank. Der Kollateralschaden fürs Land ist epochal. Dieser Truppe kann jetzt nur mehr Mitleid helfen.