Vier Monate sind es noch bis zur Nationalratswahl. Die Gefahr, dass wir zum Legislatur-Kehraus mit vergifteten, weil unbezahlbaren, Wahlzuckerln bedacht werden, ist diesmal eher gering. Denn die Regierung befindet sich in mühsam kaschierter Auflösung. Man agiert nur noch im Erschöpfungsmodus, im Grunde ist man fertig miteinander. Im besten Fall haben Türkis und Grün einander nichts mehr zu sagen.
 
Jüngstes Beispiel der Zerrüttung: In der Posse um das EU-Renaturierungsgesetz machen sich die zwei ungleichen Partner gar nicht erst die Mühe, Willen zur Verständigung vorzuspiegeln. Die ÖVP ist gegen das Gesetz, weil ihre Landeshauptleute Eingriffe in Länderrechte fürchten. Die rot regierten Länder Wien und Kärnten wiederum drehen und winden sich: Sie wollen zwar irgendwas mit „Neubewertung“, haben aber ein schon beschlossenes, formelles Nein noch nicht in ein formelles Ja verwandelt.
 
Die grüne Umweltministerin Gewessler, die eigentlich auf dieses formelle Ja warten wollte, hebt jetzt an zum Pro-Renaturierungs-Alleingang. Sie versteht Zwist und Wankelmut der Länder als einen Freibrief, in Brüssel gegen den Willen des deutlich größeren Regierungspartners für das Gesetz zu stimmen. Das wäre nebenbei ein deftiges Revanchefoul an der ÖVP. Denn schon einmal wollte die Umwelt-Ressortchefin die ÖVP übertölpeln, als sie in Brüssel einen unabgestimmten Klimaplan-Entwurf vorlegte. Damals griff ihr die Europaministerin Edtstadler in die Speichen. Sie düpierte Gewessler, indem sie den Entwurf kurzerhand zurückzog. Peinlichkeitsstufe 10.
 
Machtkämpfe, Justament-Rechthaberei, föderalistische Erstarrung: Wir sehen nicht mehr das Beste, sondern nur die Ränke und Reste aus beiden Welten. Am Ende haben die Klimakleber recht: Das Klima muss dringend verbessert werden.
 
Milde Strömungen am Freitag wünscht
 
Ernst Sittinger