Neujahrskommentare sind eine heikle Textsorte. Nichts lässt sich sagen, das aber bitte bedeutungsvoll. Die Leute sagen „Glückliches neues Jahr“ zueinander, aber im Neujahrsinterview erfahren wir, dass wir das mit dem Glück besser lassen sollten. Wer ständig aufs Glück aus sei, kippe leicht beim ersten Ungemach aus der Balance. Die Glücksobsession ist ein Resilienzkiller. Außerdem untergräbt sie den höheren Wert, die Zufriedenheit. Sie ist die große Leerstelle einer verunsicherten Wohlstandsgesellschaft, die nicht klar damit kommt, dass sie retour muss, den Gang zurück hat sie nicht im Repertoire. Deswegen ist sie so mies drauf. Der Schauspieler Christoph Waltz hat das in einem Interview hübsch auf den Punkt gebracht: „Wieso“, fragt er genervt, „muss man denn dauernd glücklich sein? Wer hat denn diesen Glückszwang erfunden? Kein Wunder, dass keiner zufrieden ist. Bis auf die Glücksindustrie halt.“ Das Glück ist ein Verkaufsprodukt.