Wo war Clare Benton, als William und Kate sich um 14.28 Uhr vor Hunderttausenden jubelnden Menschen auf dem Balkon des Buckingham Palace küssten? Konnte die kleine Schwarzhaarige etwas sehen? Wahrscheinlich musste sie auf die Zehenspitzen stehen. Sicher schwenkte sie ihr Plastikfähnchen und rief mit den anderen: "Vivat Kate!"

Am Donnerstagabend, als die Party auf der Mall begann, war Clare bestens platziert. Wie Dutzende weibliche Hochzeitsfans ließ sie einen spitzen Schrei los, als sie plötzlich an den Barrieren beim Clarence House das unverkennbare Lächeln von Prinz William entdeckte. William und Harry waren aus ihrem Wohnpalast gekommen, um Hände zu schütteln. "Auch ich würde gerne Prinzessin sein. Nicht nur die Prinzessin meines Papas. Vielleicht überlegt er es sich ja noch", lachte die 20-jährige Clare.

Die große Wedding Party begann schon am Donnerstag. Hunderte waren den Tag über auf die Mall geströmt und verbrachten die Nacht dort, um ihre Plätze zu verteidigen. Clare und ihre Freunde marschierten mit Rollis und Rucksäcken ein und machten es sich unter den Platanen beim Clarence Haus gemütlich. Decken auf dem Boden ausgebreitet, Klappstühle, Thermosflasche, Pappbecher. "Packt euch gut ein, damit ihr nicht friert", riet Prinz William seinen Fans.

Besser als ein Präsident

5000 Hochzeitsbegeisterte campierten die Nacht über auf Decken, in Campingstühlen, viele hatten Zelte. Von Schlaf war wenig die Rede, es herrschte Partystimmung. Eine lustige Gruppe, die sich "Königliche Volksverhetzer" nannte, hatte an der Ecke von Mall und Horse Guards Parade ein Partygelände mit Zeltlager abgezäunt. In den Parks um die Prozessionsroute waren 1400 Toilettenkabinen aufgestellt.

Zwei Mädchen aus San Diego in den USA, Ethel und Morgan, beide mit Pappkronen, lehnten sich übernächtigt an das Absperrgitter. Sie waren am Donnerstag eingeflogen, direkt zur Mall gegangen und hatten wenig geschlafen. "Es lohnt sich auf jeden Fall. Wir in den USA haben so etwas nicht", sagte Morgan. "Ein Präsident ist eben nicht dasselbe wie eine Prinzessin."

London selbst war während der Hochzeit wie ausgestorben. Wer nicht in die Stadt gegangen war, saß vor dem Fernseher - und dort wurden Zuschauerrekorde gebrochen.

Aber nach der Übertragung begannen die Street Partys. Von landesweit 5000 gemeldeten Partys fanden über 2000 in London statt.

John stellte in seiner Sackgasse in einer Westlondoner Straße einfach sein Partyzelt auf die Straße und warf den Griller an. "Die Nachbarn werden schon kommen. Es wäre eine Schande, die Chance verstreichen zu lassen." Am anderen Ende der Straße vor einer Schule stellte Robert seinen Peugeot quer. Schuleltern hatten Tische aufgestellt. Dann kamen die Schulkinder, Eltern und Nachbarn mit Kühltaschen und Thermosflaschen. Kleine Mädchen hatten sich als Prinzessinnen verkleidet. "So eine Royal Wedding bringt alle zusammen. Und die Kinder haben Spaß und werden sich noch später daran erinnern", meinte Robert.

Auch Premier David Cameron hielt eine Street Party, nachdem er vom Empfang im Buckingham Palace zurückgekehrt war. "Die Briten haben sehr starke Gefühle für ihre Monarchie. Sie ist eine Institution, die unser Land zusammenbindet mit einer begeisternden Geschichte, die weit, weit zurückgeht. Und die Hochzeit ist ein Grund, eine Party zu feiern und ein bisschen Spaß zu haben. Und wenn wir Briten das tun, tun wir es richtig."

Mit Schleier im Cabrio

Kurz vor 16 Uhr fuhren William und Kate mit einem alten Aston Martin aus der Garage von Prinz Charles die paar Hundert Meter vom Buckingham Palace zum Clarence House, wo William seine Wohnung hat. William saß am Steuer, Kate immer noch im Schleier neben ihm - Sicherheitsbegleiter waren nicht in Sicht. An das Fahrzeug waren Luftballons angebunden, das Nummernschild hinten lautete "JUST WED".

Wieder einmal bewiesen die Briten und ihre Royals, dass ihnen beim Feiern niemand das Wasser reichen kann. Es gab nur 43 Verhaftungen, darunter von drei Anarchisten mit einer Pappguillotine, die eine William-Puppe köpfen wollte. Und zwei Pferde warfen ihre Reiter ab. Sonst lief der Tag wie am Schnürchen.