In den vergangenen Tagen ist Andrea Kiewel (58) wohl buchstäblich durch die Hölle gegangen. Die deutsche Moderatorin, die eigentlich für ihre spritzige und lustige Art bekannt ist, muss derzeit um ihre Wahlheimat Israel und ihren Lebensgefährten bangen. Kiewel, genannt "Kiwi", ist seit Jahren das Aushängeschild des ZDF-"Fernsehgartens".

Folgenschwerer Morgen

Am vergangenen Sonntag lächelte sie noch von den Fernsehbildschirmen, allerdings wurde die besagte Sendung voraufgezeichnet. Denn die 58-Jährige ist zu diesem Zeitpunkt bereits in ihre neue Heimat Israel zurückgekehrt. Ihr breites Lächeln ist aktuell einer besorgten Miene gewichen. Anstatt im Fernsehgarten vor vollen Zuschauerrängen sitzt die Moderatorin in einem Schutzbunker. Ihr stetiger Begleiter: ihr Handy. Damit verfolgt sie seit den ersten brutalen Angriffen der Hamas auf israelische Grenzorte die Nachrichten und bleibt mit ihren Liebsten zu Hause im fernen Deutschland in Kontakt.

Es ist wohl kaum vorstellbar, wie sich die Mutter zweier Kinder derzeit fühlen muss. Nach zwei gescheiterten Ehen hat die 58-Jährige vor einigen Jahren einen Neuanfang in Tel Aviv gewagt. Der neue Mann an ihrer Seite ist ein ehemaliger Elitesoldat, um den sie bereits in der Vergangenheit das ein oder andere Mal bangen musste. Nachdem der Kriegszustand ausgerufen wurde, rückte ihr Partner wieder ein, um gegen die Hamas zu kämpfen. Er bekam am vergangenen Samstag einen Anruf und fasste den Entschluss, sein Land zu verteidigen: "Er war durch nichts aufzuhalten und er würde bis zum Schluss für Israel kämpfen, auch wenn es sein Leben kostet", schreibt Kiewel.

In einem sehr persönlichen Liveticker der "Jüdischen Allgemeinen" schildert die gebürtige Deutsche, wie es ihr in den ersten Stunden nach dem Angriff erging. Alles begann mit einer folgenschweren Nachricht ihrer Schwiegermutter Rina. Die Sirenen brachten sie kurz darauf auf den Boden der Tatsachen zurück, das Unglaubliche war passiert. "Ich sitze mit meinem Hund im Mamad, dem kleinen Schutzraum in meiner Wohnung. Er hat keine Tür. Es gab nie eine. Beim hektischen Schließen der Metallfensterläden bemerke ich, dass meine Hände zittern. Es liegt am Klang der Sirene. Dieser Ton. Er geht durch Mark und Bein. Tief ins Herz. Und er öffnet alle Schleusen. Ich weine", schreibt sie am 7. Oktober um 7.03.

Neue Heimat hat besonderen Stellenwert

Ihre Wahlheimat befindet sich seitdem im Ausnahmezustand. "Ich finde keine Worte, die auch nur annähernd beschreiben können, was ich fühle. Mein Magen ist ein einziger Krampf. Ich zittere. Innerlich. Äußerlich. Ich weine. Ich lese und verfolge die News im Sekundentakt und kann es dennoch nicht begreifen."

Trotz der schrecklichen Umstände will die Moderatorin Tel Aviv nicht verlassen, sie möchte helfen und ihren dortigen Freundeskreis unterstützen. Für sie hat Israel einen besonders hohen Stellenwert: "Natürlich habe ich Angst, aber ich denke nicht daran, wegzurennen. Ich bin selbst jüdisch und liebe dieses Land so sehr, dass es zu meiner Heimat geworden ist."

Ihr wohl größter Wunsch ist, dass "ihr Fels in der Brandung" unversehrt von der Front zurückkehren wird und ihre neue Heimat auch diese Krise überstehen wird.

Eindrücke aus Israel