Vom Klimawandel erfuhr sie zum ersten Mal mit acht Jahren in ihrer Schule. Mit 15, am 20. August 2018 (dem ersten Schultag nach den Ferien), setzte sie sich mit einem Schild mit der Aufschrift "Skolstrejk för klimatet" ("Schulstreik für das Klima") vor den schwedischen Reichstag in Stockholm, um für mehr Klimaschutz zu protestieren. Mit 16 war sie weltberühmt - und das Pendel der öffentlichen Wahrnehmung schlug bereits voll zwischen Bewunderung und Hass-Ausdünstungen aus.

Heute ist die schwedische Klimaaktivistin Greta Tintin Eleonora Ernman Thunberg 17 Jahre alt geworden. Nach wie vor/mehr denn je fliegen Giftpfeile in Richtung der jungen Schwedin - und allzu oft direkt vorbei an der Sache: Nach der letzten UN-Klimaschutzkonferenz in Madrid etwa war für viele nicht deren desaströser, weitestgehend ergebnisloser Verlauf das große Thema, sondern die Frage, ob die junge Schwedin erster oder zweiter Klasse im Zug nach Hause fährt. Für das Time Magazine war sie die "Person des Jahres", für andere ist sie pure Provokation - und der Klimawandel trägt lange Zöpfe: Statt der Frage "Was können und müssen wir alle tun?" heißt es: "Was tut dieses Gör schon?"

Persönliche Anfeindungen und Untergriffe sind Nebelgranaten. Wenn überhaupt.

Zuletzt ließ Gretas Vater Svante aufhorchen, als er in einem Interview für BBC4 Einblicke in das Seelenleben seiner Tochter gewährte: Diese habe vor ihrer Zeit als Klimaaktivistin unter Depressionen gelitten, nicht gesprochen und zeitweise das Essen verweigert. Dann habe das Mädchen, bei dem Asperger diagnostiziert wurde, das Thema Klimaschutz für sich entdeckt und ihrem Leben neue Zielkoordinaten gegeben. Und eben diese Richtung behält sie mit missionarischer, für ihre zahlreichen Kritiker bereits eifernder Entschlossenheit bei. Hinter dieser "Schulschwänzerin" (die das Schuljahr 2018/2019 übrigens mit ausgezeichneten Noten abschloss) stehe doch nur die "Klimalobby", tönt es. Applaus bei schlechtem Gewissen fällt eben spärlich aus.

Für das Time Magazine ist Greta die "Person des Jahres"
Für das Time Magazine ist Greta die "Person des Jahres" © (c) APA/AFP/TIME/EVGENIA ARBUGAEVA

Ein gutes Jahr ist es her, dass die damals 15-Jährige auf der Weltklimakonferenz im polnischen Kattowitz eine viel beachtete Rede hielt, in der sie die Weltpolitik zum Handeln gegen die Klimakrise aufrief. Das von ihr eingemahnte, kompromisslose Engagement gibt es nach wie vor nicht. Einzelstaatliche Interessen und Leugner wie jener im Weißen Haus in Washington blockieren weiter. Allerdings wurden die Proteste der Klimabewegung "Fridays for Future" zur weltweiten Institution - so auch in Österreich. Die Klimaschutzbewegung findet nicht mehr in der muffigen Nische statt, sie wurde auf die große Bühne gehoben. Klimanotstände sind ausgerufen, Klimaziele zumindest theoretisch Regierungsprogramm - unter dem Strich tritt dieser Planet aber auf der Stelle, während die große Sanduhr schon einmal umgedreht wurde.

Die junge Schwedin bei einer ihrer insistierenden Reden
Die junge Schwedin bei einer ihrer insistierenden Reden © (c) AP (Paul White)

Das Phänomen Greta ist zum Teil ein Missverständnis: Das Mädchen mag grenzwertige Inszenierung umgeben. Allerdings verstand sie sich selbst nie als Gralsbringerin mit unbegrenzter Weisheit, sondern als Katalysator, als Enzym, als Stachel im Fleisch der ignorant Untätigen: Der lange Arm des Klimawandels ist angesichts der regelmäßig ausbrechenden Umweltkatastrophen nicht mehr wegzupalavern - die möglichen Gegenmaßnahmen liegen größtenteils auf dem Tisch: "Einige Leute sagen, dass ich studieren sollte, um Klimawissenschaftlerin zu werden, damit ich die Klimakrise lösen kann. Aber die Klimakrise ist bereits gelöst: Wir haben bereits alle Fakten und Lösungen. Alles, was wir tun müssen, ist, aufzuwachen und uns zu verändern", so Greta.

Welche Pläne sie für ihren Ehrentag hat, wurde vorab nicht bekannt.  Zunächst wurde aber gestreikt - Geburtstag hin oder her: Heute stand Greta bereits zeitig in der Früh vor dem Stockholmer Reichstag und protestierte mit ihrem Schild für den Klimaschutz.

"How dare you?"