Thekla Carola Wied spielte erfolgreich in Komödien, Dramen und der Kultserie "Ich heirate eine Familie". Doch, so sagt sie, die guten Rollenangebote würden rar. Im Interview verriet Wied der dpa, wie es ist, plötzlich nicht mehr die Hauptrolle zu spielen.

Was bedeutet Ihnen die Zahl 75?

Wied: Eigentlich nichts. Ich bin sehr glücklich, dass ich ein zufriedenes Leben führen durfte und beruflich fast alle Wünsche erfüllt wurden. Mir fällt es allerdings etwas schwer, auf Nebenrollen ausweichen zu müssen - wie jetzt in "Familie Bundschuh". Da spiele ich die Mutter von Andrea Sawatzki und ich mache das sehr, sehr gerne. Aber ich musste mich an den Zustand gewöhnen, nicht mehr die Hauptrolle zu spielen. Ich denke aber, dass noch etwas kommen wird, mit dem ich dann getrost Abschied nehmen kann von diesem Beruf.

Gibt es Ihrer Ansicht nach nicht genug gute Drehbücher für Schauspielerinnen Ihrer Generation?

Ich hatte einmal in einem Interview ganz harmlos gesagt, dass die Rollen rarer werden. Nun werde ich bombardiert mit diesem Thema. Das sollte aber keine Klage sein. Ich bin auch nicht bedürftig. Um Gottes Willen, so sollte das nicht klingen. Es ist nur einfach nicht zu verstehen. Unsere Generation hat unendlich viel mitzuteilen - und wenn ich mich nicht irre, sind bei den Öffentlich-Rechtlichen die Zuschauer eher die Menschen von 50 bis 80. Ich wüsste nicht, dass die Jugendlichen mehrheitlich ARD und ZDF gucken. Es gibt ja Themen: das Älterwerden, Schwierigkeiten mit Kindern und Enkelkindern, mit dem Testament, Krankheit und Pflege oder auch mit einer neuen Liebe oder man trennt sich noch mal. Oder, was ich sehr gerne mag, eine historische Figur, die es verdient, in das Bewusstsein der heutigen Generation gerückt zu werden.

Ist es ein Privileg Ihres Berufs, dass man auch im höheren Alter noch arbeiten kann und nicht mit 65 in Rente gehen muss?

Nicht zwingend, aber wenn man die Kraft spürt und die Lust, die Freude, die Leidenschaft - soll man dann sagen: Ich lehne mich zurück und gehe nur noch auf Reisen? Die Zeiten sind vorbei. Die Menschen ab 60 sind heute eine ganz aktive Generation. Das ist nicht mehr die Großmutter, die Märchen erzählt und dabei Strümpfe strickt. Mein Mann beispielsweise studiert in München Philosophie und Geschichte. Er ist begeistert, und die Uni ist so voll von Senioren, dass sich die jungen Studenten schon etwas mokieren.

Würden Sie mit Blick auf Ihre Karriere sagen, Sie haben viel Glück gehabt und auch so manche Weiche richtig gestellt?

Ich hatte viel Glück. Zum Beispiel, dass ich in Essen gleich an der Schauspielschule angenommen wurde und anschließend dort ein Theaterengagement bekommen habe. Aber Erfolg hat sicher auch mit Begabung, Ausstrahlung und Talent zu tun. Ich durfte auch mit tollen Kollegen spielen wie Curd Jürgens oder Armin Mueller-Stahl. Den politischen Zweiteiler "Collin" nach einem Buch von Stefan Heym hatte dann der Produzent von "Ich heirate eine Familie" gesehen und ist so auf mich aufmerksam geworden.

Die Kultserie "Ich heirate eine Familie" ist heute ein Klassiker. War die Angi Schumann die Rolle Ihres Lebens?

Das kann man sagen, ja. Es war der Startschuss in ein Berufsleben, von wo an mir alles leichter wurde. Es war einfach ein hervorragendes Buch und eine tolle Zusammenarbeit mit Peter Weck. Der hat das ganz zauberhaft gemacht. Das hat meiner Karriere den entscheidenden Schub gegeben. Aber es war nicht ganz leicht, danach aus dieser Schublade wieder herauszukommen.

Auf der Straße werden Sie vermutlich noch oft darauf angesprochen.

Erstmal immer! Aber ich bin nicht mehr beleidigt, es verletzt mich nicht mehr. Als ich jünger war, habe ich dann gesagt: "Ich habe auch andere Sachen gemacht". Aber es wäre ja dumm damit zu hadern. Ich kann dankbar sein. Die Serie hat mir alle Türen geöffnet.