Mrs. Minnelli, darf man das Wort Comeback verwenden?

LIZA MINNELLI: Das würde nicht stimmen. Ich war ja nie weg vom Fenster. Aber nach Hüft- und Knieoperation konnte ich eine Zeit lang nicht herumhüpfen. Jetzt hüpfe ich wieder. Weil ich das brauche.

In den nahezu 60 Jahren Ihrer Karriere, die 1949 mit einem Auftritt neben Ihrer Mutter Judy Garland in der Schluss-Sequenz des Musicalfilms "Damals im Sommer" begann, haben Sie nahezu alles erreicht, was man nur erreichen kann und sind eine der wenigen Personen, die Oscar, Emmy, Grammy und Tony zu Hause hat. Wo liegen da noch Herausforderungen?

MINNELLI: Diese CD war zum Beispiel eine, denn es ist eine Rückkehr zur einfachsten Konfiguration von allen: Stimme, Klavier und großartige Songs.

Wie würden Sie Ihren Gesang auf diesem Album beschreiben?

MINNELLI: Als intim und sexy, mit einem Touch von Jazz. Es ist mein bisher persönlichstes Album.

Wie haben Sie das Repertoire zusammengestellt?

MINNELLI: Gar nicht so bewusst, das ist einfach passiert. Begonnen hat es mit der Kindheit in meinem Elternhaus. Da waren oft Gäste wie mein Taufpate Ira Gershwin oder Oscar Levant da, und es wurde musiziert und gesungen. Weil ich ein so scheues Mädchen war, lag ich stets unter dem Klavier, habe den Mund zugemacht und die Ohren geöffnet. Auf diese Art lernte ich jeden Text, der da gesungen wurde. So, wie andere Kinder Briefmarken sammelten, sammelte ich Texte. Freilich war es damals zu früh für mich, diese Texte zu interpretieren. Sie sind mir jedoch im Ohr geblieben, und jetzt habe ich für "Confessions" meine Lieblingsnummern ausgewählt.

Wer von den Gästen Ihrer Eltern stand Ihnen besonders nahe?

MINNELLI: Vielleicht Sammy Davis. Als er am obersten Treppenabsatz angekommen war, begrüßte er mich immer extra und fragte: "Na, Liza, wie geht es dir?" Meine gleichbleibende Antwort: "Danke, gut, Mister Davis." Dann führte er mit mir, der scheuen Kleinen, immer kurze Gespräche und zeigte sich sehr interessiert an dem, was ich dachte. Er war der Erste, der mich wie eine echte Freundin behandelte.

Wie haben Sie Ihre Scheu überwunden?

MINNELLI: Sie werden das vielleicht auch von großen Komikern kennen. Das sind oft privat sehr scheue Menschen und bleiben es ein Leben lang. Bei mir war es die Musik, die geholfen hat, und die erwachte Energie, das zu tun, wofür man die größte Leidenschaft empfindet.

Ihr großer Mentor wurde Charles Aznavour. Warum gerade ein Chansonnier aus Frankreich?

MINNELLI: Meine Mutter hatte mich zwar immer zum Singen ermutigt, doch ich war mir nicht sicher, ob ich das überhaupt konnte. Eines Tages ging ich in ein Konzert von Aznavour. Da stand dieser kleine Mann allein, ohne Schnickschnack auf der großen Bühne, ich verstand von seinen Chansons kein Wort - und doch verstand ich alles. Mit jedem seiner Lieder erzählte er ein ganzes Theaterstück. Ich war zutiefst beeindruckt. Nachher ging ich zu ihm und bat ihn, mein Mentor zu werden. Und er sagte Ja.

Die Tradition, zu Hause mit Gästen zu musizieren, haben Sie ja angeblich fortgesetzt?

MINNELLI: Ja, vor allem an Wochenenden. Wenn dann Gäste wie Tony Bennett und, das wird Sie vielleicht überraschen, Janet Jackson vorbeikommen, sind wir schnell in Stimmung, stellen uns zum Klavier und beginnen zu singen.

Den internationalen Durchbruch feierten Sie als Sally Bowles im Musical "Cabaret", heute längst ein Klassiker. Ließ sich das bei den Dreharbeiten erahnen?

MINNELLI: Wir kamen nach Deutschland, um ein Musical über die Nazis zu drehen. Das war der Ausgangspunkt. Da ließ sich wirklich nichts erahnen. Nie werde ich vergessen, dass Regisseur Bob Fosse für uns eine tolle Atmosphäre kreierte und uns viele Freiheiten ließ.

Wie weiß man eigentlich als Entertainer vorher, ob das oder jenes beim Publikum ankommen wird?

MINNELLI: Ein guter Performer sollte selbst auch gutes Publikum sein. Dann bekommt er ein Gefühl dafür, was ankommt.

Eine Ihrer markantesten Lied-Zeilen ist "Life Is A Cabaret" aus dem Musical "Cabaret". Stehen Sie zu diesem Satz?

MINNELLI: Selbstverständlich. Ja, das Leben ist ein Kabarett, weil man ja nie weiß, was am nächsten Tag auf einen zukommt.

Was gefällt Ihnen außer der Musik?

MINNELLI: Ich bin ein Fan dieser Krimiserien. Ich habe kürzlich in einer Serien-Episode mitgespielt, die zufällig heute auf dem Bildschirm war. Hat mir sehr getaugt: Alle haben wahrscheinlich geglaubt, dass ich die Mörderin bin. Aber ich war's nicht, ätsch.

Wird es in absehbarer Zeit wieder einen Österreich-Auftritt geben?

MINNELLI: Ich hoffe es sehr, an den Terminplänen wird momentan gebastelt. Danke übrigens für die mitgebrachte Sachertorte. Sie haben meine Leidenschaft genau erraten. Diese Torte werde ich ganz schnell verputzen.