Je länger dieser Ausnahmezustand dauert, desto größer wird die schlummernde Gefahr: nicht die Bedrohung des Virus an sich, sondern unser Umgang damit. Und hier auch nicht der Umgang mit der Ausnahmesituation, sondern damit, dass mehr und mehr Menschen beginnen, ihre Positionen immer stärker und vehementer zu vertreten. Sich auf eine der Seiten zu schlagen, seien es Regierung, Opposition, Verschwörungstheoretiker etc., mag für viele verlockend sein, aber gerade hier gilt es auszuhalten: auszuhalten, dass mein Nächster ganz anderer Meinung ist, auszuhalten, dass es keine richtige Antwort gibt, auszuhalten, dass alles, was passiert, falsch erscheint.
Dieses Aushalten soll nicht als Aufforderung verstanden werden, alles über sich ergehen zu lassen. Was wir aber auf jeden Fall verhindern sollten, ist, dass wir Zwietracht in unsere Beziehungen, Freundschaften und sozialen Kontakte bringen. Die Größe zu haben, seine eigene Meinung zu vertreten und gleichzeitig Menschen mit entgegengesetzten Meinungen mit Akzeptanz und Wertschätzung zu begegnen, das ist die Herausforderung der Stunde.
Ralf Eggartner, Finkenstein