Leserbrief zum Leitartikel „Lenkungseffekt? Fraglich“, 4. 5.

Boni, Zuschüsse und sonstige milde Gaben scheinen für die Politik ein adäquates Mittel zu sein, um sich den Zeitaufwand für umfassende und schlüssige Strategien ersparen zu können. So wird jetzt eben ein Vollzeitbonus für alle, die Vollzeit arbeiten, diskutiert. Super! Dass es bei einer derart einzelfallorientierten und eindimensionalen Betrachtungsweise notgedrungen immer Benachteiligte außerhalb der gerade aktuellen Zielgruppe gibt, ist nur logisch.

Das Problem hinter dem wenig durchdachten Lösungsansatz ist, dass es viele in der arbeitenden Bevölkerung stört, dass bei mehr Bruttoeinkommen immer nur ein deutlich kleinerer Teil der Erhöhung den Weg in das Nettoeinkommen findet. Für den Fall, dass die Mehrleistung in Mehrstunden im Zuge einer Umstellung von Teilzeit auf Vollzeit besteht, soll es daher diesen Bonus geben. Aber warum nur für diese Art der Mehrleistung? Mehrleistung kann auch in einer Zusatzqualifikation bestehen. Oder in der Übernahme von mehr Verantwortung. Oder, oder, oder!

Statt immer wieder einzelne Kriterien herauszugreifen, die dann willkürlich und ungerecht belohnt werden, könnte man bei etwas intensiverem Nachdenken auch allgemeingültige Regelungen finden, die alle Arten von Leistungssteigerung gleichermaßen belohnen. Ein Ansatzpunkt dafür wäre die Einkommensteuer. Man bräuchte nur den Steuersatz für die erste steuerpflichtige Einkommensstufe bis zum mittleren Durchschnittseinkommen ausweiten und mit der Progression erst über dieser Grenze beginnen. Damit wäre jede Art von Leitungssteigerung für die meisten Betroffenen gleich viel wert. Parallel dazu könnte man die Progression über den derzeitigen Höchststeuersatz in weiteren Stufen erhöhen. Für Spitzeneinkommen sogar deutlich. Dann bräuchte man auch nicht mehr über Vermögenssteuern für „Superreiche“ nachzudenken. Aber natürlich – über eine weitere Gegenfinanzierung müsste man auch für diese Art der Leistungsbelohnung nachdenken.
Dr. Günther Pacher, Spittal

Es läuft etwas schief

Das Thema längeres Arbeiten betrifft eigentlich die Frage einer gerechteren Arbeitsaufteilung. Die Forderung, dass jeder nach seinen Möglichkeiten in dieses System einzahlen muss, ist systemimmanent, anderenfalls die stetig geringere Anzahl an Beitragsleistern ständig mehr bezahlen muss, so lange, bis sich diese das nicht mehr gefallen lassen.

Von der Work-Life-Balance-Fraktion werden stets die Beispiele genannt, die aufgrund von Betreuungspflichten oder Krankheit gerechtfertigterweise nicht voll ins System einzahlen können. Aber in letzter Zeit entscheiden sich immer mehr Leute freiwillig – entgegen ihren Möglichkeiten –, weniger zu arbeiten. Seit 2000 ist die Einwohnerzahl um mehr als eine Million gestiegen, aber wir beklagen einen Arbeitskräftemangel. Schon daraus ist ersichtlich, dass im System etwas schiefläuft!
Josef Eder, Semriach

Flexibilität fehlt

Das alltägliche Management von Arbeitszeit, Familienzeit und Freizeit fordert von Eltern erhebliche Anstrengungen. Aufgabe der Politik muss es deshalb sein, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Eltern die Kinder erziehen können. Das Kindeswohl muss an erster Stelle stehen. Neben dem Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen sind flexible Arbeitszeitmodelle erforderlich. Einerseits wird die 32-Stunden-Wochenarbeitszeit gefordert und andererseits wird die Teilzeitarbeit von Müttern bekämpft. Für mich ist dieses Verhalten ein Widerspruch. Ich schätze Frauen, die Kinder über einen längeren Zeitraum persönlich erziehen wollen. Wenn es familiär günstig ist, dann kann natürlich der Vater einspringen. Der Papamonat ist aber nur eine symbolische Geste. Die Kindererziehung durch einen Elternteil sollte auch finanziell abgegolten werden, um den Einkommensverlust abzufedern.

Potenzielle Elternpaare vergleichen sorgfältig die finanziellen Lebensmöglichkeiten mit Kindern oder ohne Kinder. Das Ergebnis lautet häufig: Mit Kindern bleibt man arm. Mangelhafte Steuergesetze, familienfeindliche Arbeitszeiten und ungerechte Sozialleistungen sind der Grund für die Benachteiligung von Eltern. 
Kurt Gärtner, Wels

Überproduktion

Viele Dinge werden so gebaut, dass sie innerhalb eines Bruchteils ihrer möglichen Lebensdauer defekt werden und viele Lebensmittel werden weggeworfen, bevor sie überhaupt den Laden erreichen oder weil sie abgelaufen oder nicht mehr ganz so frisch sind. Das hat inzwischen Dimensionen angenommen, dass wir meiner Einschätzung nach höchstwahrscheinlich ein Drittel bis zur Hälfte umsonst arbeiten. Man denke auch an Autos, welche aus wertvoller Arbeit an Tausenden von Teilen bestehen, aber nach 13 Jahren als Ganzes durchgerostet und damit wertlos, unbrauchbar sind

Das ist eine gigantische Arbeits-, Energie- und Ressourcenverschwendung. Und das ist doch die eigentliche Ursache für einen etwaigen Fachkräftemangel! Dass auf der einen Seite zu viel gearbeitet wird, nämlich für das Wachsen der Müllhalde, und auf der anderen Seite eben die Arbeitskräfte fehlen. Deshalb plädiere ich dafür, dringend die Überproduktion einzudämmen, wodurch eine Menge an Arbeitskräften frei würde und man zum Beispiel auch die Arbeitszeit senken kann.
Norbert J. Huber, Neumarkt in Salzburg

Zu hohe Steuern

Als Österreicher ist man gewohnt, einen der höchsten Steuersätze in der EU zu bezahlen. Engagement und Arbeit lohnt sich nicht wirklich in unserem Land, da die Steuern mehr als die Hälfte wegfressen. Um so erstaunlicher ist es, dass unter einer ÖVP-Regierung, die lautstark gegen die Vermögenssteuer auftritt, klammheimlich eine Vermögenssteuer unter dem klingenden Namen Zweitwohnsitz-Abgabe oder Leerstandsabgabe eingeführt wurde! Man darf gespannt sein, was den Politikern in Zukunft noch einfällt, um der Bevölkerung noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen.
Dr. Thomas Rappl, Wien