Leserbrief zu Offen gesagt: „Not-Weiß-Not“, 7. 4. und Liessmann: „Trara, trara, die Leitkultur“, 6. 4.

Die österreichische Volkspartei sollte sich auf ihre christlichen Werte besinnen, die im Grundsatz „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ verankert sind. Es ist von großer Bedeutung, dass politische Führungspersonen nicht nur moralische Prinzipien predigen, sondern diese auch konsequent in ihrem eigenen Handeln leben. Ein Widerspruch zwischen Worten und Taten kann als Pharisäertum wahrgenommen werden.

Die zehn Gebote Gottes dienen als Leitfaden für gläubige Menschen. In einem demokratischen Staat ist jedoch die Verfassung der Maßstab für unser Handeln. Zusätzlich sind wir an Gesetze gebunden, die es einzuhalten gilt. Leider scheinen einige Mitglieder der VP-Riege Schwierigkeiten damit zu haben, diese Prinzipien zu respektieren. „Wasser predigen, Wein trinken“ kommt nicht gut an und kann sich bei den kommenden Wahlen als Stolperstein erweisen.
Ferdinand Pay sen., Enns

Weitere Leserbriefe zum Thema

Wertefundament

Entlarvend ist die angestoßene Diskussion über eine heimische Leitkultur: Es gibt sie nicht. Wenn es eine solche gesellschaftlich gefestigt gäbe, bräuchten wir nicht lang und breit darüber zu debattieren und zu versuchen, diese aus dem Boden zu stampfen. Wie können wir hoffen, Neubürger mittels blutleerer Kurzseminare für etwas zu gewinnen, über das wir selbst mit uns so wenig im Reinen sind.

Eine Leitkultur, die den Namen verdient, muss von Kindheit an ganzheitlich vermittelt und vorgelebt werden und beruht auf einem tragfähigen Wertefundament, das langfristig angelegt ist und nicht von jedem (medialen) Windstoß hinweggefegt wird. Auch wird ein solches Wertefundament, das in den Menschen nicht emotional unterlegt ist, langfristig wohl kaum stabil sein können. Die Vermittlung einer gelebten Leitkultur ist selbstverständlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nicht wieder allein der Schule anzulasten.
DI Peter Schriebl, Graz

Negative Werte

Bin zwar kein Mitglied der Expertenrunde von Ministerin Raab, möchte aber zu bedenken geben, dass nicht nur positive Werte eine Leitkultur formen, sondern auch negative wie der Antisemitismus, die Impfskepsis, die EU-Ablehnung.
Dr. Karl Kollaritsch, Graz

Hilfreich

Wir haben in Europa eine immer größer werdende Gruppe von Menschen, die aus Ländern mit ganz anderen Gesellschaftsnormen kommen. Sehr oft steht dort die (Groß-)Familie im Mittelpunkt. An der Spitze des Familienclans steht ein Oberhaupt, das alle Entscheidungen trifft. Die einzelnen Mitglieder der Familie dürfen und können wenig selbst entscheiden. Entscheidungen wie „wer heiratet wen“, „wer macht welche Ausbildung“, „wer wohnt wo“, etc., werden vom Oberhaupt getroffen und auch umgesetzt. Die Familie ist auch das „Sozialsystem“, das im Falle von Krankheit, Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit unterstützt und ein Überleben sichert.

Wenn diese Menschen in Europa ankommen, sind sie mit großen Umbrüchen in ihren Wertvorstellungen konfrontiert. Plötzlich gibt es niemanden, der direkt festlegt, was zu tun ist. Dazu kommt, dass im aufgeklärten Europa die Religion einen anderen Stellenwert hat, und dass die Rollen der Menschen, insbesondere der Frauen, sich wesentlich von der Heimat unterscheiden. Es ist also sehr wichtig, Neuankömmlinge in Europa mit unserer Kultur und unserem Lebensstil vertraut zu machen, ein Wegweiser in unsere Gesellschaft. Das alles kann unter dem Begriff Leitkultur subsumiert werden und muss vom parteipolitischen Disput fern gehalten werden.
Hans Adam, Graz

Neidkultur

Nach den Reaktionen auf die Veröffentlichung der Gehälter von ORF-Mitarbeiter*innen ist Ministerin Raab bei der Erstellung einer österreichischen Leitkultur sicher fündig geworden. Getrost kann sie nun Neid in den Wertekatalog mit aufnehmen. Den Rest der Leitkultur lässt sich dann, um sich die Suche zu ersparen, im „Kulturbeutel“ finden.
Dr. Peter Lang, Graz