Leserbrief zu Leitartikel „Ein Kämpfer, kein Heiliger“, „Julian Assange muss weiter zittern“, 22. 2.

Der Fall Julian Assange – warum tun sich die Europäer so schwer damit? Nun, ein Leuchtturm in finsteren Zeiten der Aufrüstung ist er schon. Sie haben zwei Möglichkeiten. Die erste: aus ihm einen Märtyrer zu machen. Das heißt, ihn an die Amerikaner auszuliefern, wo ihn der sichere Tod erwartet, für die Verbrechen, die er nicht begangen, sondern aufgedeckt hat. Die Zweite: Sie nutzen die Chance, zu zeigen, dass sie noch einen Funken von dem in sich haben, was sie vorgeben, zu sein.

Möglicherweise gibt es noch eine dritte Variante – plötzlich und unerwartet?
Max Wurmitzer, Himmelberg

Weitere Leserbriefe zum Thema

Die „bessere“ Moral

Die westliche Welt schreit ob des furchtbaren Verbrechens am russischen Aufdecker Nawalny auf. Ja, wir, die westlichen Demokratiefreunde und Wahrer der Freiheit sowie Inhaber der besten Moral, deren es mittlerweile schon mehrere gibt (Verantwortungsethik zum Beispiel) schweigen nicht, wenn das Böse einen Freiheitskämpfer auch physisch vernichtet.

Aber hoppla! Da wird auf fast gleiche Weise ein anderer Aufdecker von uns Guten behandelt. Falls er stirbt oder sich das Leben nimmt, wird es da auch einen Aufschrei geben? Nein, er hat ja die Gräueltaten der „Unsrigen“ aufgedeckt. Wir sind doch die Guten. Wir haben die richtige Moral, die viel bessere und upgedatet auf 2.0, könnte man sagen.

Dass Julian Assange in der Kleinen Zeitung wenigstens Berichterstattung gewidmet wurde, überrascht mich positiv.
Harald Schallerl, Preßguts

Totalitäre Demokratie?

Es ist wichtig, dass Journalisten wie Thomas Golser auf die besondere „Behandlung“ von Julian Assange hinweisen. Es erinnert mich an den Historienfilm „Der Mann mit der eisernen Maske“. Human und selbstverständlich juristisch absolut legal wird hier ein Verräter lebenslang weggesperrt. Guantánamo nennt man das auf Amerikanisch. Ing. Peter Hölfont, Voitsberg

Splitter und Balken

„Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? (Mt. 7.3) Unter dieser Prämisse wird derzeit in der westlichen Welt (Medien-)Politik betrieben, exemplarisch dafür steht die Billigung der Handlungen von involvierten Staaten in den derzeitigen Krisenregionen der Welt, zum Beispiel Ukraine, Palästina/Gazastreifen, oder der Umgang mit Personen wie Julian Assange! Es sollte keinen verwundern, wenn durch die in die Krisen und Problemfelder involvierten westlichen/europäischen Institutionen und deren politischen Vertreter sowie Medien gesetzten Handlungen, Ansichten und Meinungen, die kompromisslos und erbittert vertreten werden, die Glaubwürdigkeit der Handelnden großen, irreparablen Schaden nimmt. 

Es hat den Anschein, dass die Verantwortlichen dies fortzuführen gedenken und alle damit verbundenen negativen Auswirkungen in Kauf nehmen. Dass dadurch in weiterer Folge die Akzeptanz unserer unverzichtbaren Werte und deren politischen Vertreter/Institutionen schwindet, ist anscheinend egal. Ing. Mag. (FH) Wolfgang
Thullmann, Ferlach

Westliche Werte

Der eine wurde im Gefängnis zu Tode „betreut“, auf den anderen warten 175 Jahre Gefängnis. Das Verbrechen der beiden: Sie bekämpften eine Diktatur bzw. staatliche Verbrechen im In- und Ausland. Der eine, Navalny wird im Westen hochgeehrt und zu Recht als Kämpfer gegen das Unrecht beklatscht, der andere ist seit Jahren im Hausarrest und zusätzlich mit 175 Jahren Gefängnis bedroht. Sein Vergehen: Er hat Verbrechen der USA-Armee in Afghanistan und Irak aufgedeckt und veröffentlicht und wurde dafür mit dem Menschenrechtspreis von Amnesty International ausgezeichnet.

Unsere westlichen Moralvorstellungen und Werte werden zu Recht in großen Teilen der Welt als heuchlerisch und ungerecht empfunden.
Thomas Pirker, Graz