Draußen schrien die Fotografen und hupten die Limousinen, drinnen wartete freundliche Helle. Dennoch war die Spannung förmlich mit den Händen zu greifen. Selten werden Modenschauen so gehypt wie die erste Pret-a-Porter-Schau des belgischen Designers Raf Simons für Dior am Freitag in Paris.

Das französische Traditionshaus hatte für das Defilee ein schneeweißes provisorisches Gebäude vor der goldfarbenen Kuppel des Invalidendoms errichtet. Die Sessel, bei Dior sonst stets in Gold, kontrastierten in Schwarz das Weiß der Wände. Nach einer Hommage an den Minimalismus, der Moderichtung, aus der Simons kommt, sah das aus. Und auch nach dem Beginn einer neuen Epoche für die bisher eher in verspielter Damenhaftigkeit schwelgende Marke.

Simons, der schon bei der Haute Couture im Juli vielgelobte Entwürfe für Dior gezeigt hatte, hielt all dem stand. Seine atemberaubend ausbalancierte Kollektion traf exakt den Nerv der Zeit. Pur, doch nie langweilig, sexy, doch nicht vulgär, süß, doch nicht verzuckert traten diese handwerklich tadellosen Entwürfe auf den Laufsteg. Aus einem Dior-Klassiker, der Jacke des Kostüms "Bar" von 1947, zauberte er Mantelkleider, Hosenanzüge oder Cocktailroben, rundete sanft die Schößchen, verlängerte den Saum mit kleinen Fältchen zum Rock und reicherte die schlichten Entwürfe mit bonbonfarbenen Lagen aus glänzendem Organza an.

Für den Abend kombinierte er simple schwarze Stretch-Tops aus Seide zu schillernden langen Röcken mit Rosenmuster. Die spielerischen Elemente der Kollektion, mit Stickereien und flirrenden Farbverläufen, erinnerten an die 60er-Jahre und wirkten doch futuristisch. Vielleicht so, als sei die erotische Weltraumnymphe Barbarella aus Roger Vadims gleichnamigen Film von 1968 in der Zukunft gelandet. Dior auf jeden Fall hat mit Raf Simons eine Punktlandung gemacht und kann optimistisch in die Zukunft blicken.

Die Designer, die nach Dior ihre Entwürfe für Frühjahr/Sommer 2013 zeigten, hatten es naturgemäß schwer. Schließlich drehten sich die meisten Gespräche um diese Schau. Das Team von Maison Martin Margiela antwortete auf den Rummel mit einer klaren Kollektion ohne Schnörkel, die sich um Volumen drehte. Auf Bleistift-Kleider aus feinem Leder oder Kombinationen von kastigen Oberteilen und fließenden Hosen folgten Ensembles mit hoch gerundetem Bustier. Zum Schluss gab es flächige Gewänder in Weiß, Blautönen oder Lila, zu denen bizarre Nylonhandschuhe kombiniert wurden. Abgesehen von letzteren wirkten die Teile schön und fein gearbeitet. Perfekt für die junge Berliner Sängerin Dillon, die im Publikum saß. Auf dem Video zu ihrem Song "Your Flesh Against Mine" ist sie schon ganz in Margiela gekleidet.

Yohji Yamamoto zeigte Entwürfe, die wie zusammengeheftet wirkten. Military-Elemente, Streetwear, lange Seidenröcke, Grunge-Elemente und ein Hauch von Chanel-Tweed schienen keine rechte Linie zu ergeben. Doch verfügt der Japaner über eine treue Anhängerschaft, die das nicht stören wird. Und sich die für ihn typischen kunstvoll gerafften Jacken und fein gewickelten Röcke herauspicken wird.