Kürzlich saß ich vogelfrei, aber keineswegs fettfrei am arbeitsfreien Freitag im rauchfreien Beisl, trank koffeinfreien Kaffee mit laktosefreier Milch und war so frei, meinen Gedanken, die bekanntlich frei sind, freien Lauf zu lassen. Ergebnis: Die Freiheit steht zweifelsfrei in voller Blüte. Früher gab’s nur schulfreie Tage, sturmfreie Bude, keimfreie Wunden und lastenfreie Häuser. Dann kamen die großen Befreiungsbewegungen: Sie brachten zuckerfreien Kaugummi und alkoholfreies Bier, FCKW-freie Kühlschränke, bügelfreie Hemden, bauchfreie Tops, holzfreies Papier und schwefelfreies Heizöl. Heute sind alle Mauern längst eingerissen. Fast alles, was Ihnen angeboten wird, ist mindestens CO2-frei, gentechnikfrei, glyphosatfrei, palmölfrei, rückstandsfrei und tierversuchsfrei. Und wenn Sie es taxfrei im Freihandel steuer- und zollfrei erwerben, dann bleiben Sie schuldenfrei.

Wie überall gibt es aber auch in Sachen Freiheit noch immer Luft nach oben. Es fehlen zum Beispiel das wasserfreie Bad, die wärmefreie Heizung, die lichtfreie Lampe, das musikfreie Lied und das farbenfreie Gemälde. Zum Glück gibt es wenigstens das reimfreie Gedicht, den jugendfreien Film und die frei erfundene Handlung. Die eisfreien Gletscher kommen bald, die parteifreie Regierung hatten wir schon, an schwindelfreien Politikerreden wird noch gearbeitet. Nur die faltenfreie Haut bleibt Utopie. Aber immerhin haben wir die Möglichkeit der freien Entfaltung. Denn Sie wissen ja: Österreich ist frei!