Auf der Suche nach den Grundfesten menschlicher Existenz habe ich Romane, Novellen, Gedichte gelesen. Aber das ist alles nichts gegen eine Literaturgattung, die jegliche Ausdrucks- und Schaffenskraft krönt: Betriebs- und Gebrauchsanleitungen. In diesen Meisterwerken verdichten sich auf raffinierte Weise Glanz und Elend, Tragik und Trost alles Irdischen. Das beginnt schon mit den epischen Warnhinweisen. Schonungslos vermessen sie den Möglichkeitsraum und beleuchten unsere Zerbrechlichkeit im ewigen Widerstreit zwischen Wagen und Wollen, Freiheit und Feigheit, Fantasie und Physik.

„Verknoten Sie das Netzkabel nicht. Lassen Sie nicht zu, dass Kinder sich an die Tür hängen“, lese ich atemlos im Handbuch meines Kühlschranks. Das ist blöd, denn Jugendliche hängen ja gerne herum. Das Opus magnum ergründet auf 96 Seiten das pralle Leben: Wassereintritt, Strom- und Blitzschlag, fallende Gegenstände, zerbrechendes Glas. Der bloße Mensch, zurückgeworfen auf sich selbst im Kampf gegen die Elemente. Doch auch die Rolle des Guten ist besetzt. Sie wird, erschreckend ungegendert, verkörpert durch „qualifizierte Techniker“ und „befugte Dienstleister“. Auch ein „Wartungsagent“ kommt vor, was das Oeuvre umstandslos zum Spionagethriller adelt. Der Text wurde übrigens schon bei Erscheinen in 35 Sprachen übersetzt. Das ist würdig und recht. Denn zwischen all dem Elend fand ich doch einen Anflug heller Hoffnung: „Es kann sein, dass nicht alle Warnhinweise zutreffen.“