Atmen einstellen! Jetzt nur ja kein unnotwendiges Geräusch verursachen. Nur wenige Meter vor den Wanderern hat eine Gams Stellung bezogen. Es ist nur ein Vorposten: Hinter der Kuppe haben sich noch weitere Tiere versammelt. Scheu sind sie nicht – am Ende findet man sich mitten zwischen äsenden Gämsen. Ein unglaublicher Augenblick. Eine Begegnung aber, die nur allzu typisch für den Hochschwab ist. Denn das Massiv zwischen Mürztal und der steirisch-niederösterreichischen Grenze gilt als das gämsenreichste Gebirge Europas.

Perle zwischen Erzberg und Hochschwab: der Leopoldsteiner See
Perle zwischen Erzberg und Hochschwab: der Leopoldsteiner See © HERBERT RAFFALT

Aber wer hier neben den unzähligen Gämsen und Steinböcken nur Wald, Almen und Felsen sieht, nimmt nur einen Bruchteil dessen wahr, was der Hochschwab wirklich ist: schroffe Felsen, enge Schluchten und ein beeindruckendes Hochplateau mit einem einzigartigen Blumenreichtum. Die Überschreitung des „Steirischen Gamsgebirgs“, wie die Einheimischen ihren Hochschwab nennen, gehört mit ihren drei Tagesetappen zu den Klassikern in den Ostalpen.

Die Bergzeitreise „Vom Gletscher zum Wein“ führt von der historischen Bergbaustadt Eisenerz zunächst zum smaragdgrünen Leopoldsteiner See. Einer Sage nach soll in der Nähe dieses Sees ein Wassermann gefangen worden sein. Um seine Freilassung zu erkaufen, zeigte er seinen Fängern ein Eisenerzvorkommen, den nur wenige Kilometer entfernten Erzberg. Danach verschwand er wieder.

Das Schiestlhaus
Das Schiestlhaus © HERBERT RAFFALT

Über das Fobistörl und das Androthtörl geht es zum ersten Etappenziel, der Sonnschienalm mit ihren zahlreichen Halterhütten und der großen Sonnschienalmhütte. Lust auf einen herrlichen Aussichtsgipfel? Der Große Ebenstein wartet. Markant erhebt sich der 2123 Meter hohe Gipfel über den sanften Almweiden der Sonnschienalm. Der Boden ist um diese Jahreszeit mit Blumen übersät. Besonders auffällig ist die große Menge an leuchtend gelbem Petergstamm.

Von der Sonnschienalm geht es über die Sackwiesenalm mit dem namensgleichen See und der Häuslalm weiter zum 2277 Meter hohen Hochschwab. Vom flachen Gipfelplateau sind es nur mehr wenige Minuten bis zum Schiestlhaus. Im Jahr 1884 eröffnet, wird hier über Nachhaltigkeit nicht nur gesprochen, sondern sie wird auch gelebt. So gilt das Schutzhaus weltweit als einzigartig: Hocheffiziente Passivbauweise in dieser Höhenlage – gibt’s sonst nirgends. Da staunen auch die Gämsen.