Zwar läuten in Windsor erst am 19. Mai die Hochzeitsglocken, aber das Brautpaar ist schon längst da. Hundertfach, tausendfach, ach, millionenfach trifft man in der ganzen Stadt auf Harry und Meghan. Die Konterfeis des Paares lächeln von Tassen, Tellern, Fingerhüten, Kühlschrankmagneten, Untersetzern oder Pappkameraden. Auch waschechte Kopien des Verlobungsrings kursieren um 10 Pfund das Stück. Den Kitsch zu zelebrieren, das lassen sich die Briten eben nicht nehmen, wenn es um ihre Royals geht.

Vor allem nicht in Windsor. Die Stadt mit ihren knapp 30.000 Einwohnern ist quasi das Vorzimmer der königlichen Familie, die in Windsor Castle eine ihrer wichtigsten Residenzen hat. Seit dem 80. Geburtstag der Monarchin verbringen Queen Elizabeth II. und Prinz Philip sogar die meiste Zeit im „englischen Versailles“, das den Weltrekord als größtes, ständig bewohntes Schloss hält. Ob ihre Majestät in Berkshire weilt, das wissen die Untertanen, wenn die königliche Wappenstandarte auf dem Round Tower gehisst wird.

Egal, ob die Queen für Regierungsgeschäfte in London weilt oder nicht, die Tore von Windsor Castle stehen täglich (!) für Besucher offen. Menschentrauben scharen sich um das Puppenhaus von Königin Mary, das mit einem Maßstab von 1:12 eines der größten der Welt ist und dessen Einrichtung so detailverliebt ist, dass man sich nicht sattsehen kann. Überdimensional dann die prächtigen Staatsgemächer, die Gemäldegalerie mit Werken von Leonardo da Vinci, Rembrandt und Rubens, das Vestibül mit historischen Artefakten wie der Kugel aus der Schlacht von Trafalgar, die Admiral Nelson tötete. Fast bis nach Ascot – dem Mekka des Pferdesports und der exzentrischen Hüte – erstreckt sich der Windsor Great Park.

Was nicht einmal die Queen höchstpersönlich verhindern kann, ist, dass ihr „Wochenendhäuschen“ in einer der Einflugschneisen des Flughafens Heathrow liegt. So schieben sich laufend weiße Flugzeugbäuche im Landeanflug zwischen Zinnen, Türme und den Himmel. Ein surrealer Anblick. Aber das hat Wilhelm der Eroberer nun wirklich nicht wissen können, als er im 11. Jahrhundert mit einer hölzernen Burg als Verteidigungsposten direkt an der Themse den Grundstein für den Königssitz legte.

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