Es ist kalt. Am frühen Morgen mitten in den verschneiten Dolomiten. Mitten im Unesco-Welterbe in Südtirol. Der Liftwart, mit Schal und Mütze eingepackt, geht sogar noch weiter. Während er mir beim Einsteigen in den Tellerlift behilflich ist, sagt er im Tiroler Dialekt: „Es isch arschkalt.“ Die Liftanlage ist ein älteres Modell, eines der ältesten im gesamten Skigebiet. Es ist in den vergangenen Jahren nämlich stark gewachsen – sowohl in der Zahl der Pisten als auch beim Stand der Technik. Knapp hundert Kilometer Abfahrt warten auf Skifahrer und Snowboarder in der Skiregion Drei Zinnen.

Das Wachstum kommt daher, dass man vor drei Jahren aus zwei Skigebieten im Pustertal eines gemacht hat. Die Skiberge Helm und Rotwand wurden zum Skigebiet Drei Zinnen – ein Geheimtipp unter Skisportlern. Doch das sollte sich heuer ändern. Die Südtiroler wollen mehr Gäste anlocken und sie haben dafür auch schon einen Masterplan, der „Skiweihnacht“ heißt. Doch zurück zur Fahrt mit dem Tellerlift: Der Blick auf die schroffen Felsen der Dolomiten, die langsam die ersten Sonnenstrahlen abbekommen, ist beeindruckend. Das Panorama lässt die eigentlich lange (und kalte) Liftfahrt kürzer wirken. Oben angekommen, nimmt man das erste Mal die „Skiweihnacht“ wahr. Die kleine Lifthütte ist liebevoll geschmückt: mit Lichterketten und Holzsternen. Auf dem Berg sieht und spürt man, dass es weihnachtet. Auf über 2000 Meter Seehöhe steht eine Tanne aufgeputzt und ein Christkindl-Postamt aufgebaut.Dass man im Skigebiet Drei Zinnen voll auf Weihnachten setzt, merkt man spätestens, wenn man sich nach einigen kräfteraubenden Abfahrten in einer der urigen Skihütten stärkt. Jede Hütte serviert noch bis 7. Jänner ihr eigenes Weihnachtsgericht. Die Wirte haben dafür in den alten Rezeptbüchern ihrer Großmütter geblättert, unterstützt wurden sie von den besten Köchen der Region wie Josef Mühlmann. Für den Osttiroler Haubenkoch ist die Kooperation mit den Südtiroler Kollegen eine Selbstverständlichkeit: „Die Grenze war ja lange geschlossen. Mit der EU wurde sie wieder geöffnet. Und die Kulinarik ist der beste Weg, um das Pustertal wieder zu verbinden.“

Das „Melcha-Muis“ ist eines der Gerichte auf der Skiweihnachtskarte. Ein uraltes Rezept, das in Tirol verbreitet ist, wurde neu belebt. Zu den traditionellen Zutaten wie Butter, Mehl und Milch haben die Köche Vanille, eingekochte Äpfel und Lebkuchen-Crumbles dazugegeben. „Eine moderne Interpretation eines alten Gerichtes“, sagt der Wirt der Gröberhütte am Fuße des Helms. Und ein Gast aus Salzburg beurteilt es mit einem glatten Einser: „So schmeckt Weihnachten.“ Das Konzept der Südtiroler Wirte ist klar: Obwohl der Mut zur Fantasie groß ist, bleibt ein Faktor immer derselbe: Die Zutaten kommen aus der Region, am besten vom Sextener oder Innichner Bergbauern.Ausgedacht hat sich die „Skiweihnacht“ Karl Lanzinger, der Chef der Hahnspielhütte. Er stieß bei den Betreibern der Liftgesellschaft zuerst auf keine allzu große Begeisterung, schlussendlich hat die Marketingabteilung das Thema aber doch aufgegriffen. „Wir haben jetzt ein Produkt, das sonst niemand hat. Alles ist weihnachtlich geschmückt. Es duftet weihnachtlich. Die Musik ist weihnachtlich. Man kann einfach Weihnachten erleben“, sagt Wolfgang Töchterle von der Liftgesellschaft.

60 Prozent der Gäste in der Region sind Italiener, die man mit der „Skiweihnacht hauptsächlich ansprechen will. Die Italiener lieben Romantik, Glitzer und Kitsch – allerdings lieben sie auch die Ursprünglichkeit und Echtheit in den Südtiroler Bergen. Im Skigebiet Drei Zinnen bewegt man sich also auf einem schmalen Grat. Ob man mit dem Weihnachtskitsch teilweise übertrieben hat? „Ja, es ist schwierig, das richtige Maß zu finden“, sagt Töchterle. Manchmal habe man den Bogen bewusst überspannt.