Kein Weg führt an den Scherben auf dem Fliesenboden vorbei, jeder Schritt knirscht und kratzt. Die Geräuschkulisse ist eine Warnung in Endlosschleife: „Du hast hier nichts verloren!“ Und doch pilgern Jahr für Jahr Hunderte Touristen durch diese Hallen mit dem besonderen Charme: Das seit 18 Jahren dem Verfall preisgegebene Hotel Haludovo auf der kroatischen Insel Krk gilt als Europas bekanntester Lost Place (vergessener/verlassener Ort).

Die „Star-Ruine“ steht in einer Bucht außerhalb des Urlaubsortes Malinska. Das Hotel wurde 1972 eröffnet. 45 Millionen Dollar hatte Bob Guccione, der Gründer des US-Männermagazins „Penthouse“, in die Errichtung investiert. Der „Penthouse Adriatic Club“ verfügte über mehr als 500 Zimmer. Herzstück war ein Casino mit 70 weiblichen Hostessen. Überwiegend männliche Gäste feierten hier rauschende Feste. Bis zu 100 Kilo Hummer, fünf Kilo Kaviar und Hunderte Flaschen Champagner vernichteten sie – pro Tag!

Im Pool soll auch der irakische Diktator Saddam Hussein gebadet haben
Im Pool soll auch der irakische Diktator Saddam Hussein gebadet haben © Styria/Helmuth Weichselbraun

Schon ein Jahr nach der Eröffnung zog sich Guccione im Streit mit den kommunistischen jugoslawischen Behörden zurück. Das Ruder übernahm ein arbeiterverwalteter Staatsbetrieb. Aus dem Casino-Klub wurde das Luxushotel Haludovo, das auch Staatsgäste beherbergte. Der irakische Diktator Saddam Hussein nutzte die Größe der Anlage, um mit 250 Begleitern vorzufahren. Angeblich soll man für ihn einen ganzen Pool mit Champagner gefüllt haben.

Nach dem Zerfall Jugoslawiens wurde der Betrieb 1995 privatisiert, doch alle Versuche, an den Glanz von einst anzuschließen, scheiterten. Die Eigentümer wechselten rasch, Geld für die Modernisierung nahm keiner in die Hand. 2001 checkten die letzten Gäste aus. Trotzdem steppt im Hotel der sprichwörtliche Bär: Die „Betreten verboten“-Schilder sind längst überrannt worden. Was an Möbeln noch da war, wurde zertrümmert. Von den riesigen Glasfronten ist keine einzige mehr heil. „Hi, Robert, Grüße aus dem Haludovo“, hat ein Trümmer-Tourist in der sogar in Brand gesetzten Bowlingbahn an die Wand gesprayt.

Wer die Ruine besichtigt, muss auf Überraschungen gefasst sein
Wer die Ruine besichtigt, muss auf Überraschungen gefasst sein © Styria/Helmuth Weichselbraun

Es gibt aber auch friedliche Fans des Verfalls wie Kevin Risonjic. Der junge Austro-Kroate betreibt die Urlaubsplattform visitadria.eu und vermietet im nahen Crikvenica Appartements. Auf das Hotel wurde er aufmerksam, weil es in einem Video des österreichischen Musikers RAF Camora als Kulisse auftaucht. „Eine gigantische Location!“ Wenn Urlauber danach fragen, besucht Risonjic die Ruine im Rahmen von Lost-Places-Touren. „Vorsichtig“, wie er betont, „und gut ausgerüstet. Wir gehören nicht zu denen, die in Flipflops durch Scherben latschen.“

Absperrungen und „Betreten verboten“-Schilder sind längst überrannt worden
Absperrungen und „Betreten verboten“-Schilder sind längst überrannt worden © Styria/Helmuth Weichselbraun

Ist das legal? Diese Frage scheint in der Umgebung niemanden zu interessieren. Man tröstet sich damit, dass internationale TV-Sender, die das Ex-Hotel für Lost-Places-Dokumentationen ins Bild rücken, auch den Strand zeigen. Wahrscheinlich hat man die Wegweiser zur einstigen Nobelherberge deshalb stehen lassen.

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