Es ist eine jener Erfolgsgeschichten, an deren Beginn ein Bankrott steht. Nachdem ihr Mann, der Luzerner Adelige Karl Schnyder von Wartensee (1839–1894), mit Bankgeschäften auf die Nase gefallen war, wagte seine Frau Charlotte im nahen Lugano als Sprach- und Musiklehrerin einen Neuanfang. Weil sich (da kommt uns 1885 vor, als wäre es heute!) die Nachbarn beschwerten, musste sie nach einem geeigneten Ort für ihre Schüler suchen und fand ihn – in der Villa Castagnola, 1880 als Wintersitz der russischen Familie Von Ritter erbaut.

Blick von der Hotelterrasse auf den Monte San Salvotore
Blick von der Hotelterrasse auf den Monte San Salvotore © kk

Powerfrauen


Charlotte Schnyder machte aus der Villa in wenigen Jahren eines der bekanntesten Hotels der Schweiz. „Eine richtige Powerfrau! Um den Weg in die Stadt für die Gäste angenehm zu machen, setzte sie durch, dass an der Straße Kastanien gepflanzt worden sind“, schwärmt Christina Scheiring. Die Eventmanagerin aus Tirol ist die einzige Österreicherin unter den 120 Mitarbeitern, die der internationalen Gästeschar im Fünf-Sterne-Resort der Luxusklasse jeden Wunsch von den Augen ablesen. Wie etwa jenen einer abergläubischen Runde nach einem Teddybären als 13. Gast an der für 14 Personen gedeckten Festtafel.
Nach drei Generationen Schnyder schrieb ab 1982 mit Marisa Garzoni die nächste Powerfrau die Erfolgsgeschichte weiter. Seither wird in der Villa Castagnola „nichts mehr dem Zufall überlassen“, weiß Sales- und Marketingmanagerin Antonella Archidiacono. Dazu gehört etwa, dass im Dreijahresrhythmus alle Badewannen erneuert werden und der Teppichboden beim kleinsten Schaden hinausfliegt.

Ein Haus mit Seele und  Kunst


Patina haben das Personal und die vielen Kunstwerke – die Tapisserie im Kaminsaal datiert aus dem 17. Jahrhundert, auch der Kamin ist älter als die Villa, im Originalspeisesaal der russischen Bauherrenfamilie hängt Goyas „Stierkampf“-Zyklus. Hoteldirektor Ivan Zorloni ist sich nämlich in zwei Punkten absolut sicher: „Wenn die Mitarbeiter mit dem Management zufrieden sind, dann sind auch die Gäste zufrieden.“ Und: „Schöne Hotels gibt es viele, aber die Villa Castagnola hat eben eine Seele.“ Da kann es schon vorkommen, dass dem Herrn Direktor die Intimität und der Charme der Villa wichtiger sind als die maximale Belegung.

Fünf Sterne und Sterneküche


Zu belegen gibt es neben 74 außergewöhnlichen Zimmern (Schneiderin Lucia näht für jedes farblich auf Tapeten, Fliesen und Möbel abgestimmte Vorhänge etc.) heimelige Beauty Corners, Pools, Seeterrasse, zwei Restaurants im Haus und, wenige Schritte vom mit Skulpturen bestückten Park entfernt, das Restaurant Galerie Arté. Dort kocht der deutsche Sternekoch Frank Oerthle, der sich am Namen des Ortes am gegenüberliegenden Ufer des Luganer Sees bedient – Paradiso auf Tellern.

Atemberaubend: Blick vom Monte Bre auf Lugano, vis-a-vis der Monte San Salvatore
Atemberaubend: Blick vom Monte Bre auf Lugano, vis-a-vis der Monte San Salvatore © kk
Das LAC - polierter Stein und Glas, dahinter Kunst
Das LAC - polierter Stein und Glas, dahinter Kunst © lac