War Flugbegleiterin immer Ihr Traumberuf?
MORAWEK: Das ist eine lustige Geschichte. Als ich 15 Jahre war, bin ich mit meinen Eltern nach Griechenland geflogen. Da ist eine Crew mit ihren Koffern vorbeigegangen, so wie man es eben kennt, und ich habe zu meiner Mama gesagt: Das will ich auch einmal machen.

Wie kann man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen?
MORAWEK: Wir bekommen monatlich einen neuen Flugplan. Ich arbeite Teilzeit, 80 Prozent. Bei mir ist es so, dass ich den Plan nehme und mit meiner Familie checke, wann ich unterwegs bin. Das funktioniert tadellos, da steckt eine eigene Logistik dahinter.

Ihre Lieblingsdestination ist . . . ?
MORAWEK: Bangkok (Fotoserie Bangkok). Ich schaue, dass ich einmal im Monat hinkomme. Es ist immer warm und wir haben dort immerhin fast 30 Stunden Aufenthalt. Das klingt kurz, aber bei uns ist das schon lange.

Da wären wir schon beim ersten Klischee, nämlich dass Flugbegleiter die Welt sehen und das auch noch in der Arbeitszeit . . . 
MORAWEK: Bei Kurz- und Mittelstrecken sieht man nur den Flughafen. Bei uns gibt es die normalen Einzelflüge, zum Beispiel Wien–Frankfurt–Wien. Hinfliegen, die Passagiere steigen aus, der Flieger wird geputzt, die Passagiere steigen wieder ein und es geht zurück. Da sieht man nicht einmal den Flughafen. Dann gibt es noch Overnights, wo man den Flughafen sieht, weil man ins Flughafenhotel oder in die Stadt fährt, je nachdem. Also sieht man Flughafen und Hotel. Und ab und zu haben wir auch Halbstehtage oder ganze Stehtage. Tel Aviv ist ein halber Stehtag oder Larnaca. Bei den Langstrecken wie Bangkok kann man sogar etwas unternehmen.

Mit welchen Klischees werden Sie sonst noch konfrontiert?
MORAWEK: Wenn ich Familie oder Freunden erklären muss, dass der Job nicht nur lustig ist. Es klingt super, wenn ich sage, ich fliege jetzt für ein Sushi nach Tokio, dann gehe ich einmal kurz shoppen bei „Bath & Body Works“ in New York. Das sind die Klischees. Natürlich geht das zwischendurch, dafür komme ich in Wien nie zum Einkaufen oder brauche einen Dienstplan für die Familie.

An Bord sieht man Sie und Ihre Kollegen im Gang, wenn Sie Getränke servieren oder erklären, wo sich die Notausgänge befinden. Was machen Sie noch, ganz unbemerkt von den Passagieren?
MORAWEK: Wir müssen, sobald wir auf den Flieger kommen, das Emergency Equipment checken. Dann kontrollieren wir, ob der Flieger gut geputzt ist, und zählen die Essen durch. Auf der Langstrecke ist die Phase, in der wir in den Flieger kommen, bis zu der Phase, in der die Passagiere alle sitzen, wahnsinnig stressig. Da passieren die meisten Dinge. Das Handgepäck muss verstaut, Spielzeug ausgeteilt oder Leute müssen umgesetzt werden, damit eine Familie zusammensitzen kann. Während des Flugs müssen wir auch immer wieder das Cockpit checken, vor allem in der Nacht auf der Langstrecke so alle 20 bis 30 Minuten, denn niemand ist vor Müdigkeit gefeit. Das ist eine Doppelabsicherung. In der servicefreien Zeit spazieren wir durch die Kabine und schauen uns die Passagiere an, damit wir im Blick haben, ob es allen gut
geht. Denn es fliegen ja auch sehr viele alte Personen.

Sie arbeiten ja dort, wo andere auf dem Weg in den Urlaub sind. Ab welchem Zeitpunkt sind die Passagiere entspannt?
MORAWEK: Ich kann mit absoluter Sicherheit sagen, dass die Passagiere im Flieger viel entspannter sind, als beim Einchecken. Ich meine aber auch, dass die Passagiere durch all die Negativschlagzeilen in letzter Zeit nervöser und sensibilisiert sind. Am entspanntesten sind Hon-Circle und Businesspassagiere, aber auch Charterflüge können sehr lustig sein.

Gibt es bei Flügen ländertypische Eigenheiten?
MORAWEK: Ja, Japaner trinken zum Beispiel ihre Getränke nie ganz aus,weil das eineUnsitte ist. Russen trinken Tomatensaft, weil das für Luxus steht.

Müssen Sie oft bei Streit unter den Passagieren eingreifen?
MORAWEK: Ab und zu. Aber eine Situation war unschlagbar: Ich habe in meinem Gang gearbeitet und sehe im Augenwinkel, wie ein Passagier seinem Vordermann mit der Fernbedienung auf den Kopf haut. Als ich nachgefragt habe, meinte er: ,Der gibt seinen Sitz nicht nach vorne.‘ Der Sitz ist oft der Knackpunkt.

Bleiben Sie angeschnallt sitzen, bis wir die Parkposition eingenommen haben.‘ Aber alle stehen auf und wühlen wie wild in den Handgepäcksfächern. Was denken Sie sich in diesen Momenten?
MORAWEK: Das darf ich Ihnen jetzt wirklich nicht sagen. Manche Situationen kommenwie das Amen im Gebet. Das ist zum Beispiel auch mit dem Brotkorb so. Wenn man ihn den Passagieren hinhält, damit sie sich ein Stück nehmen, nehmen die meisten aus Reflex den ganzen Korb.

Wird die Arbeit gesundheitlich schwieriger?
MORAWEK: Ja, vor allem Jetlag-mäßig. Ich merke jetzt schon, dass ich nach einer Langstrecke wirklich schon eineinhalb Tage brauche, bis ich wieder fit bin.

Ihr Jetlag-Tipp?
MORAWEK: Immer der Zeit der Destination anpassen.

Apropos Erholung: Wo verbringen Sie heuer Ihren Urlaub?
MORAWEK: Ich fahre mit dem Auto nach Italien. Ich bin lustigerweise, wenn ich privat fliege, immer wahnsinnig nervös, dass auch ja alles funktioniert. Meine Familie
nervt das fürchterlich.

Was haben Sie immer im Handgepäck?
MORAWEK: Desinfektionsmittel, Handcreme, Parfum, meine Geldbörse, Nähzeug, einen Stoffbären von meinem Sohn und diesen Armreif. Der ist schon seit meinem ersten Flug immer mit dabei. Ohne ihn fliege ich nicht.

Können Sie den Donauwalzer noch hören?
MORAWEK: Und wie! Manchmal wird er während des Boardens vergessen. Dann geht er mir richtig ab. Viele Passagiere steigen tanzend und summend ein.

Eine Frage zum Schluss: Wie lange hält Ihre Strumpfhose?
MORAWEK: Das ist unterschiedlich.