Man braucht gar nicht ins Glas zu blicken, um in den Weingütern Quinta do Valle do Meão und Quinta do Noval berauscht zu sein. Die Winzereien schenken nämlich den schönsten Ausblick über das atemberaubende Tal ein, durch das der Douro fließt, nachdem er sich aus Spanien nach Portugal vorgearbeitet hat.

"In Braga wird gebetet, in Porto gearbeitet, in Coimbra studiert und in Lissabon gefeiert", sagt ein altes Sprichwort. Und wenn man sich das Tal im Nordosten Portugals so ansieht, glaubt man ihm aufs Wort. Erst hat sich hier der Fluss zwischen den Bergketten Marão und Montemuro mühevoll seinen Weg gegraben und dann der Mensch auf dem Schiefergestein steile Terrassen gebaut, um dort Trauben zu kultivieren. Und zwar nicht für irgendeinen, sondern für Portwein.

Davon gibt es mehr als 40 Sorten und bis heute schmeckt man die britische Note im portugiesischen Klassiker. Seit 1386 haben sich immer mehr handelsfreudige Engländer im Norden Portugals niedergelassen, um Geschäfte zu machen. Eigentlich kamen sie wegen des Kabeljaus, kredenzten ihren Kunden aber auch bald Wein. Um ihn für lange Schifffahrten haltbarer zu machen, experimentierten sie mit der Zugabe von Branntwein - und entdeckten so zufällig das Rezept für Port.

Nein, so emsig die Bewohner des Tals auch ihre Reben pflegen, im Namen des noblen Nektars trägt ihre Arbeit keine Früchte. Die Weingüter liegen zwar auf den Berghängen entlang des Flusses, aber die Kellereien in Vila Nova de Gaia nahe Porto. Das hatte zunächst steuerliche Gründe, aber auch das Küstenklima hat sich für die Reifung als ideal erwiesen. Das trug dem Wein den Namen der exportierenden Stadt ein: Port(o).

Aber sie können auch ohne den Ruhm bestens leben. Etwa in der Stadt Lamego mit ihrer riesigen Treppe aus blauen und weißen Fliesen, die zum Sanktuarium Santuário de Nossa Senhora dos Remédios führt. Oder mit dem Parque Arqueológico de Foz Côa, der eine Galerie von Felsmalereien unter freiem Himmel zeigt, das zum Weltkulturerbe zählt.

Und die Männer in den Weinorten Barcos, Favaios, Provesende, Ucanha, Salzedas und Trevões tauschen den Schriftzug auf dem Etikett lieber gegen ein Achterl Spaß: Ein Schauspiel ist das Pressen der Trauben mit nackten Füßen. Dazu stellen sich Männer in kurzen Hosen in großen Granitfässern Schulter an Schulter auf, um in einer Reihe vor- und zurückzulaufen. Aber dann kommt erst die Kür: In der sogenannten "Freiheitsetappe" tanzt jeder der Herren seine ganz eigene Choreografie durch die Früchte.

Seinen eigenen Weg mäandert auch der Fluss, der uns am Bestimmungsort der Trauben aus dem Tal nach Vila Nova de Gaia führt. In den dortigen Kellereien reifen die edelsten der edlen Tropfen hinter dicken Gitterstäben wie in Fort Knox. Und im nahen Porto gönnt sich der Douro schließlich einen imposanten Abgang: Er mündet in den Atlantik und ward nicht mehr gesehen.