Zu kostspielig, zu altes Publikum, zu steife Umgangsformen: Kreuzfahrten hatten lange Zeit mit Vorurteilen zu kämpfen. Doch das gehört längst der Vergangenheit an.

Frage 1: Jenseits der KlischeesWie konnten die Reisen von diesen Klischees befreit und in für junge Kunden interessante Angebote umgewandelt werden?
BRIGITTE JAFARMADAR: Das hat mit der Größe der Schiffe zu tun gehabt. Je größer die Schiffe, desto unterschiedlicher wurde das Angebot - das zieht natürlich auch ein jüngeres Publikum an.
REINHARD PELIKAN: Ich darf nicht unstolz bemerken, dass der Boom auch ein Verdienst von Aida ist, die 1994 mit der Planung des ersten Clubschiffes aufgebrochen sind. Und damals von der Branche belächelt wurden. Wir haben eine neue Kundengruppe erschlossen, Kreuzfahrten überhaupt zum Thema für jüngere Menschen gemacht.
ENGELBERT EGGER: Wichtig wäre auch, dass wir vom Begriff Kreuzfahrten weggehen, das hat etwas Altehrwürdiges. Sprechen wir doch von Schiffs- oder Seereisen.
ULRIKE SOUKOP: Wir haben eine lange Tradition, sind 60 Jahre am Kreuzfahrtsektor tätig. Bei uns hat es auch nie so sehr das Problem der Veralterung gegeben, weil der Südländer (Anm. Costa ist eine italienische Reederei) ein anderes Kreuzfahrtverhalten hat als der deutschsprachige Gast. Was daran liegt, dass die Leute die Schiffe kennen. Im Binnenland Österreich hat man keinen Bezug zu großen Schiffen.
THOMAS BÖHM: Die Kreuzfahrt war bis in die 80er eher eine Notlösung als ein abgerundetes touristisches Produkt. Weil die Schiffskapazitäten im Transatlantik-Bereich nicht mehr gebraucht wurden, da das Flugzeug die Überquerung komfortabler gemacht hat. Erst heute haben wir das schwimmende Resort, das dem Urlauber jenen Komfort bietet, den er sich in einem Cluburlaub erwartet. Die Zahlen zeigen in der allgemeinen Touristik ein Minus von rund zehn Prozent, bei den Kreuzfahrten sind wir im zweistelligen Plusbereich.
SANDRA SPAN: Das riesengroße Angebot und die gute Schulung der Mitarbeiter in den Reisebüros haben dazu beigetragen, dass sich die Leute trauen, eine Kreuzfahrt zu machen.
WALTER STÜRMER: Ich bin selbst vor 19 Jahren an Bord eines Schiffes gegangen - und da war es noch elitär. Man wollte damals ja auch nicht wirklich ein junges Publikum. Mittlerweile hat man das Ausflugsprogramm für Jüngere maßgeschneidert. Daneben sind die Essenszeiten an Bord nicht mehr so streng geregelt.

Frage 2: DestinationenWelche Destinationen würden Sie Reisenden für diese Saison ans Herz legen?
WALTER STÜRMER: Es gibt durchaus Leute, die schon seit mehr als zehn Jahren wissen, dass Kreuzfahrten eine tolle Reiseform sind - und die suchen neue Routen. Auf Expeditionsreisen zum Beispiel kann man wunderbar Kunden schicken, die sonst schon alles kennen. Da sehe ich großes Potenzial.
SANDRA SPAN: Es ist so ziemlich alles erschlossen. Die meisten Leute fangen in der Karibik oder im Mittelmeer an. Das ist überschaubar, die See relativ ruhig - gut zum Reinschnuppern.
THOMAS BÖHM: Die optimale Kombination ist die ideale Anreise mit der richtigen Route. Denn wenn man eine 13-stündige Busfahrt hinter sich bringen muss, geht viel vom Erholungswert verloren.
ULRIKE SOUKOP: Wir fahren in Zukunft durch den Amazonas, haben uns in Asien ausgeweitet, sind wieder im Indischen Ozean unterwegs.
REINHARD PELIKAN: Route? Schon als wir angefangen haben, haben wir uns gesagt, ja, man muss irgendwo herumfahren - aber das Schiff ist die Destination.

Frage 3: Unterschiedliche AngeboteWorin unterscheiden sich die Angebote der hier vertretenen Reedereien?
REINHARD PELIKAN: Aida, das Clubschiff, war eine Revolution. Wir bieten anspruchsvollen und zwanglosen Urlaub auf dem Wasser für junge und jung gebliebene Gäste - ohne Kleiderordnung und Kreuzfahrtkonventionen. Und natürlich das Deutschsprachige.
ULRIKE SOUKOP: Costa ist in Europa die Nummer eins bei der Flotte. Wir sehen uns als europäisches Produkt mit italienischem Flair für ein internationales Publikum. Daneben haben wir den Wow-Effekt bei den Schiffen.
THOMAS BÖHM: Wir betonen die südeuropäische Herkunft auch im Design und grenzen uns von schwimmenden Casinos und Plastikschiffen ab.

Frage 4: Wissensert für NeulingeSie alle sind Experten im Bereich der Seereisen. Was können Sie Kreuzfahrt-Neulingen mitgeben?
BRIGITTE JAFARMADAR: Der Kunde muss zunächst wissen, was er will. Dann kann ich Tipps in punkto Landausflüge geben. Und weitere Fragen klären. Sind die Trinkgelder inkludiert, wie ist die Anreise?
REINHARD PELIKAN: Man muss Neulingen die Angst nehmen, die es aufgrund von Vorurteilen noch immer gibt.
ENGELBERT EGGER: Ausgeschriebene Gruppenreisen sind eine gute Möglichkeit, dem Kunden diese Angst zu nehmen. Da sagt sich der Kunde, er hat jemanden, der sich um ihn kümmert, weil ein Gruppenleiter dabei ist.
ULRIKE SOUKOP: Das Wichtigste ist, Emotionen rüberzubringen. Kreuzfahrten haben einen Mehrwert und sind eine wunderbare Art des Reisens.
THOMAS BÖHM: Geschulte Verkäufer sind das A und O. Ein Mitarbeiter, der selbst noch nie auf einem Schiff war, kann die Faszination nicht transportieren.
SANDRA SPAN: Emotional verkaufen muss eigentlich jeder Verkäufer. Und den Kunden auf das richtige Schiff zu bringen, ist mit dem nötigen Fachwissen nicht schwer.
WALTER STÜRMER: Es sollte ein Umdenken bei den Reisebüroangestellten geben. Fragt ein Kunde nach Griechenland, muss es ja nicht unbedingt immer die Flugreise sein.