Woran denken Sie zu allererst, wenn der Name der Stadt Zürich fällt? Höchstwahrscheinlich an Banken und Geld! Von letzt genanntem lässt man an der Limmat einiges liegen - zumindest laut gängigem Vorurteil. Doch kann man es sich zwischen Ober- und Niederdorf, Bahnhofstraße und Altstadt, Westend und Bellevue auch dann gut gehen lassen, wenn die Taschen nicht prall gefüllt sind? Ein Selbstversuch - für einen Tag und mit 50 Franken (umgerechnet rund 31 Euro) Budget.

Auftakt nach Maß. "Fahren Sie mit dem Polybähnli zur Universität und genießen Sie den Blick über die Stadt", verheißt der Reiseführer. Das klingt doch nach einem idealen Start - noch dazu, ohne das grüne Scheinchen anzurühren. Also auf zum Central und rein in den "Studentenexpress", wie der rote Nostalgiker auch gerne genannt wird. Mehr als zwei Millionen Fahrgäste tuckern jährlich den Hügel hinauf. Da kann es schon mal kuschelig eng werden. Durchaus von Vorteil, wenn man heiß auf jeden interessanten Tipp ist.

Zürichcard. "Hast du eine Zürichcard", fragt mich Urs, den ich in mein 50-Franken-Vorhaben einweihe, nachdem er mich, aufgrund meines bunt bebilderten Lesestoffs sofort als Touristin identifiziert hat. Ich kann glücklicherweise mit Ja antworten. Allerdings nur dank jener Dame am Flughafen, die mich gerade noch davon abhalten konnte, einen Einzelfahrschein zu lösen - und mir stattdessen das 72-Stunden-Ticket um 34 Franken ans Herz legte. "Dann dürfte dein Experiment sogar positiv ausgehen", meint der blond gelockte Student, momentan optimistischer als ich selbst, und fügt erklärend hinzu, "mit der Karte ist der Eintritt in viele Museen frei - auch für die Schiffe auf der Limmat und am See."

Chagall, Bürkli und Co. Urs sei Dank, hat jetzt alles Hand und Fuß. Spaziergang durch Ober- und Niederdorf, auf einen Sprung zu den Chagall-Fenstern ins Fraumünster, rüber in die Bahnhofstraße, runter zum Bürkliplatz, wo die Schiffe abfahren, und als Abschluss ein Besuch im Kunsthaus - das Tagesprogramm steht!

Luxemburgerli und Schifffahrt. Außerplanmäßiger Halt am Paradeplatz: Kleine, runde Kalorienbomben in allen Farben des Regenbogens wirbeln den Plan durcheinander. Die Confiserie-Spezialität aus Eischnee-Schale und Cremefüllung hört auf den Namen Luxemburgerli und lacht mich aus der Sprüngli-Vitrine an. "In einem Säckli zum gli Ässe?", fragt mich die Verkäuferin. Natürlich! Eine lange Lebensdauer ist dem Konfekt selten beschieden, also wozu schön verpacken. Ich kann noch immer nicht ganz glauben, dass ich für die Schifffahrt meine Franken nicht antasten muss. Aber siehe da, der Kartenzwicker winkt mich beim Vorweisen der Zürichcard problemlos vorbei. Ich entere das schwankende Gefährt für eine kleine Rundfahrt und lasse eineinhalb Stunden lang das Bergpanorama wirken und Orte wie Rüschlikon, Thalwil, Küsnacht oder Zollikon vorbeiziehen.

Sternengrill und Kunsthaus. Wieder an Land, meldet sich der Magen. Da fällt mir ein, was mir die Poly-Bekanntschaft beim Aussteigen nachgerufen hat: "Falls du Hunger hast, schau beim Sternengrill am Bellevue vorbei." Ein halbes Poulet vom Grill, Chäs-Chüechli oder Spezial-Servelat? Ich entscheide mich dann doch für St. Gallener Bratwurst mit Bürli (Brot). "Die hat schon Tina Turner geschmeckt", behauptet der Grilleur voller Stolz. Na dann! Koffeingestärkt, mit einem Cappuccino von der Fastfood-Kette des Vertrauens - natürlich inklusive Schweizer Schoki, startet die Runde durch das Kunsthaus. Selbst wenn ich auf meine Franken achten sollte, ein Andenken aus dem Kunsthaus-Shop muss sein. Siehe da, die Karten von Giacometti passen sogar ins Budget.

Die Bilanz. Dann heißt es schon, Bilanz ziehen. Ist das Experiment gelungen? Ein Blick in das Notizbuch zeigt: Ausgaben von 43,20 Franken. Was mach' ich bloß mit dem Rest? Ein paar Luxemburgerlis haben bestimmt noch Platz!