"Her'n S' ma auf mit dem Süden. In der Bahn is' ja noch gangen. Das hab ich kalte Schnitzel mitg'habt von z'Haus. Und an Erdäpfelsalat im Glasl. Aber da herunt ... Diese Cevapcici wollen s', dass ich essen soll. Na dö Hundstrümmerl - mit Zwiefel - und ka Schnitzel weit und breit", sagt der Herr Travnicek mit der Stimme von Helmut Qualtinger zu einem Freund. Dieser Sketch aus den 1950er-Jahren thematisiert eine Urlaubsregion, die rund 100 Jahre zuvor entdeckt worden ist: die "österreichische Riviera", der im Wien Museum am Karlsplatz eine umfangreiche Ausstellung gewidmet ist.

Mit dem Bau der Südbahnstrecke von Wien über den Semmering via Graz und Laibach nach Triest, das seit 1382 zum Habsburger-Reich gehörte, rückte ab Juli 1857 die Adria näher. Ursprünglich wurde nur die Gegend rund um Abbazia/Opatija als "österreichische Riviera" bezeichnet. Diesen Begriff verdanken wir Geografen, die damit eine Kombination aus Meer und Steilküste mit klimaregulierenden Wäldern bezeichneten und medizinischen Pionieren. Denn vor rund 150, 160 Jahren fuhr man aus gesundheitlichen oder prophylaktischen Gründen ans Meer. Der Aufenthalt am Salzwasser war ein therapeutisches Mittel etwa gegen Tuberkulose oder andere Atemwegserkrankungen. Die touristische Infrastruktur mit Seebad, Promenaden, Kurhotels und Sanatorien wuchs wie Schwammerln aus dem Boden.

Österreichische Riviera

Investoren hatten im fernen Wien ihre Geschäftszentrale und brachten ihre Architektenmit. Die "österreichische Riviera" wurde zu Kurzwecken vorwiegend von der Kaiserfamilie, dem europäischen Hochadel und dem Großbürgertum in den Wintermonaten und im Frühling aufgesucht, im Sommer ging es "ans Meer". Der Entwicklung der Bademode an den ursprünglich getrennten Stränden für Männlein und Weiblein, die erst um 1900 im gemeinsamen "Familienstrand" planschten, lässt sich in der Schau auf Illustrationsmaterial und sorgfältig präsentierten Schauobjekten nachvollziehen.

Schließlich reichte die "österreichische Riviera" den ganzen dalmatinischen Küstenstreifen bis nach Dubrovnik hinunter. Ein zeitgenössischer Reiseführer outete eine "eigenartige Bevölkerung, in deren Adern griechisches, römisches, slawisches und osmanisches Blut fließt und die darum zu den interessantesten Völkern des Erdballs zählt". Der Kurtourismus wird von einem Bildungs- und Entdeckungstourismus ergänzt.

Der Industrielle Paul Kuppelwieser machte die einst wegen Malaria "unbewohnten" Brioni-Inseln zu einem Prototyp für das moderne Luxusresort mit Clubcharakter. Für das gehobene Publikum errichtete er eine Ferienkolonie mit exotischen Pflanzen und Tieren (Affen, Flamingos) sowie reichem Freizeit- und Sportangebot.

Familienbadeort Grado

Eine besondere Beziehung zum Familienbadeort Grado entwickelte der Wiener Jugendstil-Künstler Josef Maria Auchentaller, ein wesentlicher Vertreter der "Secession". Mit seiner Frau übersiedelte er 1903 nach Grado und trug wesentlich zum touristischen Aufschwung des Badeortes bei: mit einem eigenen Beherbergungsbetrieb, in dem sich das Wiener Großbürgertum traf, sowie mit grafischen Arbeiten für Plakate. Auchentallers Kunst präsentierte das Leopold Museum 2009, heuer veröffentliche Egyd Gstättner über ihn einen Roman.

Viele nostalgische Ausstellungsstücke (insgesamt 450) wie Geschirr, Gläser und Limonadeflaschen aus Hotels oder von Dampfschiffen, alte Fotografien, Farbdias, Plakate und Gemälde von Egon Schiele, Rudolf von Alt oder Albin Egger-Lienz vermitteln eine untergegangene Erholungswelt, die heute teils renoviert und belebt wieder auferstanden ist. Für Wiener Magistratsbedienstete wurden Erholungsheime errichtet, Bürgermeister Karl Lueger blickt sonnenbebrillt von einer Fotografie, die 1890 im istrischen Lovran aufgenommen wurde. Übrigens: Beschwerden über ungewohntes Essen stand auch damals auf der Tagesordnung.