Die Biologin kann die Faszination für ihre Heimat kaum in Worte fassen. „Das muss man selbst gesehen haben“, ist Daphne Zieschang überzeugt. Wild, naturbelassen und unaufgeräumt empfindet die Biologin und Naturparkführerin die Sächsische Schweiz. Gut 90 Quadratkilometer umfasst der Nationalpark im deutschen Teil des Sandsteingebirges am Oberlauf der Elbe. Es sei ans Herz gelegt, bei einem Besuch der Kulturmetropole Dresden einen Ausflug in diese atemberaubende Landschaft zu unternehmen. Stressfrei geht das mit einer 20-minütigen Fahrt mit der S-Bahn bis Wehlen, von wo man mit einer Fähre die Elbe überquert und bei der Ruine einer der ältesten mittelalterlichen Burg in Sachsen startet.

Daphne Zieschang führt die Besucher mit Hingabe durch die naturbelassenen Wälder, Felsschluchten und über Treppen nach oben zur Bastei. Spätestens auf der Aussichtsplattform stockt der Atem vor lauter Staunen. Von hier hat man einen faszinierenden Rundumblick auf die bizarren Felsen der einzigartigen Gebirgslandschaft. Der Blick wandert hinunter zur Elbe und hinüber zur Festung Königstein.

Prominente Wanderer durch die Sächsische Schweiz

Diese atemberaubende Landschaftskulisse bot Künstlern faszinierende Motive, vor allem ab der romantischen Zeit, als „pittoresk“ zum Modewort wurde und allegorische Aspekte an Bedeutung gewannen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begannen sich Maler nämlich von dem idealen Landschaftsbild zu lösen und suchten Bildmotive in der realen Natur. Die fanden sie hier zuhauf.

1795 erschien die erste Reisebeschreibung „Malerische Wanderungen durch Sachsen“. Berühmte Gäste suchten das Elbsandsteingebirge auf, wie Theodor Fontane um 1866 oder Peter Rosegger, der 1870 einen Text über Land und Leute verfasste. Richard Wagner skizzierte den rauschenden Bach und die zwitschernden Vögel der Sächsischen Schweiz in einem Teil von Lohengrin. Carl Maria von Weber ließ sich von der Wolfsschlucht zu einer Szene im Freischütz inspirieren. Die Oper wird auf der Felsenbühne Rathen gespielt, einer Freilichtbühne, die 1936 gegründet wurde und das Elbsandsteingebirge als Kulisse nutzt.

Mit dem Gemälde „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ setzte Caspar David Friedrich (1774–1840) dem Elbsandsteingebirge ein weltberühmtes Denkmal. Der Romantiker schuf stimmungsvolle Landschaftsbilder unter starkem Einfluss seiner Naturerlebnisse. Der berühmte Maler kam als 24-jähriger nach Dresden, eine Auswahl seiner Bilder, wie „Ausblick ins Elbtal“, kann man in der Kunstsammlung des Albertinums studieren.

Florenz an der Elbe

Das „Elbflorenz“, wie Dresden gerne genannt wird, steht seit Jahren ganz oben auf der Liste der beliebtesten Touristenziele Deutschlands. „August brachte den Barock nach Dresden“, sagt Thomas Hesse von „Show me around Dresden“ beim Besuchen von Frauenkirche, Zwinger und Semperoper. An der 102 Meter langen Außenwand des Langen Ganges im Stallhof, einem Teil des königlichen Residenzschlosses, schuf der Künstler Wilhelm Walther das zehn Meter hohe Bild des Fürstenzuges. Da das Abbild der 35 Herrscher aus des Hause Wettin bald verblasste, wurde es nur 30 Jahre später auf 25.000 fugenlosen Fliesen aus Meissener Porzellan übertragen.

So entstand das größte Porzellanbild der Welt, an dem noch heute die Besucher Dresdens die sächsische Geschichte nachverfolgen können. Stadtführer Hesse zeigt in dieser Ahnengalerie auf August den Starken, auch Herzog Friedrich August von Sachsen genannt, spätere Kurfürst und König August II. von Polen. „Um die polnische Krone zu erhalten, wurde August Katholik. Daher trampelt sein Pferd im Fürstenzug auf eine Rose, das Symbol der sächsischen Protestanten“, erklärt Hesse die versteckte Symbolik.

Krieg und Kommunismus

„Die Kommunisten hatten kein Interesse, das alte Kulturgut zu erhalten, in dieser Zeit verfiel sehr viel unwiederbringlich“, erzählt der Dresdner und zeigt Aufnahmen von Bauten, an die er sich noch erinnern kann, die jedoch abgerissen wurden. Und trotzdem wurde kaum so viel rekonstruiert als in Dresden.

Nicht nur Dresden, auch Leipzig wurde im Zweiten Weltkrieg großflächig zerstört. Heute kann man in dieser sächsischen Stadt moderne Architektur besichtigen, DDR-Bauten aus der Zeit um 1970, vor allem rund um den ehemaligen Karl-Marx-Platz. Die zweitgrößte Stadt der ehemaligen DDR wird derzeit von der Jugend entdeckt und erlebt als beliebte und leistbare Studentenstadt eine neue Blüte. Obwohl 80 Prozent der ansässigen Industrie nach der Wende zusammenbrach, wird Leipzig heute „das neue Berlin“ genannt.

Am „Tor zum Westen“, wie Leipzig in DDR-Zeiten genannt wurde, forderten damals 70.000 Menschen Frieden und Freiheit. Es ist dem Mut weniger Menschen zu verdanken, die zum Anfang vom Ende des Regimes führte. Beim ältesten Gotteshaus Leipzigs, der Nikolaikirche, begannen die Friedensgebete, in deren Folge die friedliche Revolution von 1989 und damit der Weg zur deutschen Einheit.

Von Bach bis Napoleon

Die Mädlerpassage gilt seit Jahrhunderten als vornehmste Flaniermeile der Stadt und ist Domizil von „Auerbachs Keller“, dem Goethe in seinem Faust ein literarisches Denkmal setzte. Auch an Luther und Bach kommt man in Leipzig nicht vorbei. 1750 in dort verstorben, erinnern das Bach-Festival, ein Museum, das älteste ihm gewidmete Denkmal und die Thomaskirche an den berühmten Kantor der Stadt. Berühmte gebürtige Leipziger sind auch Gottfried Wilhelm Leibniz (1646), Richard Wagner (1813), Clara Schumann (1819), Friedrich Nietzsche (1844) und Max Klinger (1857).

Selbst gesehen muss man auch das Völkerschlachtdenkmal vor den Toren der Stadt haben, das an die bis dahin größte kriegerische Auseinandersetzung der Weltgeschichte erinnert. Im Oktober 1813 wurde hier Napoleon Bonapartes Armee von Preußen, Österreich, Russland und Schweden vernichtend geschlagen. An die 600.000 Soldaten erinnert das monumentale Wahrzeichen, das zwischen 1898 und 1913 als größtes Denkmal Europas errichtet wurde. Von hier hat man einen wunderbaren Rundumblick auf Sachsen, ähnlich imposant den Steinformationen der Sächsischen Schweiz.