Pro von Karin Teigl

Die Sache ist die: Es wurde uns einfach so leicht gemacht. Alles war kostenfrei und daher waren alle in ganz kurzer Zeit extrem verwöhnt. Wir haben unseren Shop 2019 gelauncht und tatsächlich das erste halbe Jahr auch gratis Retouren angeboten, aber das war für uns als kleine Brand nicht zu bewerkstelligen, denn Menschen haben einfach grundsätzlich alle Teile in fünf Größen bestellt.


Wir dachten, wir müssen das eben auch anbieten, weil der Druck der internationalen Labels so groß war, aber wir haben es nicht geschafft und mussten das System ändern. Wir hatten großen Erklärungsbedarf, weil viele meinten, dass man ein Recht auf diesen Gratis-Rückversand hat, aber wir haben uns bemüht, noch stärker zu erklären, wie groß ein T-Shirt wirklich ist, es auch anhand von unterschiedlichen Models zu zeigen, wie das aussehen kann an jemandem, der diese oder jene Körperform hat, aber viele waren trotzdem beleidigt.

Und das große Problem, das ich sehe, ist: Alle wollen, dass die Welt besser wird, aber niemand will etwas dafür tun. Niemand will weg von seiner Bequemlichkeit, aber so wird sich freilich nichts in der Welt zum Guten wenden. Aber ich finde es super, dass jetzt auch Zara und andere große Marken damit beginnen, diese grotesken Gratis-Aktionen abzudrehen, weil es natürlich nicht nur wegen der ganzen Verpackung, sondern auch durch die immensen Transportkosten total abzulehnen ist.

Andererseits ist es für mich nicht ganz leicht, so vehement gegen das System zu wettern, weil ich als Influencerin ja genau das zum Teil auch vorlebe. Ich bekomme viele Dinge geschickt von Marken, die Produkte bewerben wollen, die ich dann trage, egal ob Taschen, Schuhe, Mode oder Beauty. Und all diese Pakete, die ich bekomme, haben natürlich auch einen Weg hinter sich.

Doch was die Branche in den letzten Jahren auch hier gelernt hat, ist, dass heute einfach vorher gefragt wird, ob man überhaupt Interesse an diesem oder jenem Produkt hat und nicht ungefragt 100 Pakete in der Woche bekommt. Bei mir hat sich die Zahl sicher halbiert.
Was bleibt? Ich bin eine starke Befürworterin, Menschen mit Online-Versand schöne Dinge nach Hause zu bringen, das mache ich mit meinem Shop – und via Instagram kann das, was ich tue, auch Inspiration sein. Doch auf der anderen Seite müssen sich auch Konsumentinnen und Konsumenten bitte von der großen Bequemlichkeit befreien und sich wieder tatsächlich überlegen: Wie kann ich eine Bestellung so treffsicher wie möglich machen. Das bedingt eine gewisse Beschäftigung, ehe man die Bestellung abschickt, aber nur so werden wir hier auf ein normales Maß kommen.

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Kontra von Rainer Will

Die bestellten Sneaker sind nicht so bequem wie erhofft oder kleiner als angegeben? Dann schickt man sie eben wieder zurück zum Online-Händler. Retouren sind im E-Commerce aufgrund des fehlenden haptischen Erlebnisses vor Ort ein fester Bestandteil geworden. So landet ein Viertel aller bestellten Schuhe wieder beim Webshop. Im Fashion-Bereich werden laut E-Commerce-Studie Österreich 2022 knapp 43 Prozent aller bestellten Artikel zurückgeschickt, bei Elektroprodukten sind es immerhin zehn Prozent. Das Problem: Jede Rücksendung kostet den Handel eine Stange Geld. Die Produkte müssen gesichtet, geprüft, repariert und wieder für den Verkauf aufbereitet werden. Die Logistikkosten sind durch angespannte Lieferketten im Zuge der Pandemie deutlich gestiegen, seit dem Ukrainekrieg haben die hohen Spritpreise für weitere Preissteigerungen gesorgt.

Hinzu kommt: Jede Retoure sorgt für einen CO₂-Ausstoß von durchschnittlich 500 Gramm. Eine hohe Retourenquote belastet also auch unsere Umwelt. Einige Händler haben daher Rücksendegebühren für Pakete eingeführt. Andere setzen auf neue Technologien und bessere Produktinfos zur Reduzierung der Retouren. Als Handelsverband können wir beide Ansätze nachvollziehen. Wenig Verständnis haben wir jedoch für die Forderung, Rücknahmen im E-Commerce verpflichtend kostenpflichtig zu machen. Die Inflation frisst sich bereits von den Geringverdienern bis in den Mittelstand hinauf und verfestigt sich immer mehr in weiten Teilen der Bevölkerung. Warum will man die Konsumenten in einer Zeit, in der sie ohnehin durch die anhaltende Teuerung belastet sind, mit kostenpflichtigen Retouren extra zur Kasse bitten? Warum soll hier wettbewerbsverzerrend eingegriffen und der europäische gegenüber dem internationalen Onlinehandel aus Drittstaaten benachteiligt werden? Insbesondere KMU-Händler würden massiv darunter leiden, die digitalen Giganten hingegen profitieren.

Die Vermeidung von Retouren ist für jeden Online-Händler ein zentrales Thema.Es sollte aber jedem Betrieb selbst überlassen sein, wie er diese Herausforderung löst. Österreich ist ohnehin ein Land mit extremer Regulierungsdichte und zu viel Bürokratie. Wir müssen Innovation fördern und auf Kreativität setzen. 2021 retournierten noch 47 Prozent der Online-Shopper zumindest einen Teil der bestellten Mode, 2022 sind es nur noch 43 Prozent. Auch bei Schuhen ist die Retourenquote von 30 auf 25 Prozent zurückgegangen. Die Gründe sinkender Retouren liegen in besseren Produktdaten, Fotos und Beschreibungen, im nachhaltigeren Kundenverhalten, in schnellerer Lieferung und ehrlicheren Lieferinformationen, in der Digitalisierung aller Geschäftsprozesse und im aktiven Auswahlprozess von Bestellungen vor dem Bildschirm. Diesen erfolgreichen Weg gilt es jetzt gemeinsam weiterzugehen.